APA - Austria Presse Agentur

Türkise Chaostage vor Nehammers Kür am ÖVP-Parteitag

Am Samstag will sich Kanzler Nehammer bei einem Bundesparteitag offiziell zum ÖVP-Chef küren lassen - doch zuvor muss er aufräumen!

Denn nach den dann doch überraschenden Rücktritten der Ministerinnen Elisabeth Köstinger und Margarete Schramböck sind zwei Rollen im ÖVP-Regierungsteam neu zu besetzen. "Die Regie wurde da durchkreuzt", meint Politikberater Thomas Hofer im APA-Gespräch.

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Von einer Umbildung des ÖVP-Regierungsteams war immer wieder die Rede gewesen, die Tourismus-Ministerin und Kurz-Vertraute Köstinger und die glücklose Wirtschaftsministerin Schramböck waren schon des öfteren als Ablösekandidatinnen gehandelt worden. Die Dramaturgie ihres Abgangs sei aber sicher anders geplant gewesen, analysierte Hofer - sonst hätte man beispielsweise schon eine Nachfolge präsentieren können. "So, wie es jetzt gelaufen ist, entsteht abermals der Eindruck, dass Karl Nehammer schon wieder am Beifahrersitz sitzt."

In der Bevölkerung komme das als Instabilität an, glaubt Hofer. Grundsätzlich könnte die Regierung in dieser Situation Stärke signalisieren, indem man an den Zuständigkeiten schraubt und angesichts der aktuellen Situation Themen wie Energie, Gesundheit oder Pflege neu ordne, meint Hofer. Dazu bräuchte die ÖVP freilich den Grünen Koalitionspartner, "und das wird's nicht spielen", ist sich auch der Politikexperte sicher. "Umweltministerin Leonore Gewessler wird den Teufel tun."

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So bleibe nur "Loch auf, Loch zu" für Nehammer. Und: "Er muss es vorm Parteitag lösen." Hofer erwartet trotz allem ein aus Parteisicht gutes Ergebnis für Nehammer. Denn obwohl auch in der Partei Unsicherheit und Unmut herrschten - so sei Nehammers Ansage, Gewinne von Firmen mit Staatsbeteiligung abschöpfen zu wollen, "starker Tobak" für den Wirtschaftsbund gewesen - wüssten in der Volkspartei alle, dass man den neuen Obmann nicht beschädigen dürfe.

So richtig glatt lief es für Nehammer in letzter Zeit nicht: Die ÖVP ist in den vergangenen Monaten in den Meinungsumfragen abgestürzt und liegt derzeit hinter oder gleichauf mit der SPÖ. Der Korruptions-U-Ausschuss und die Vorarlberger Wirtschaftsbundaffäre sorgen seit Wochen für negative Schlagzeilen, Nehammer selbst stand auch wegen seiner Reise zum russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin und der Affäre um betrunkene Personenschützer der Cobra in der Kritik.

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Als Ziel für seine Obmannwahl hat Nehammer bisher nur launig via "Tiroler Tageszeitung" ausgegeben, dass "alles, was besser ist als das Parteitagsergebnis für Pamela Rendi-Wagner" ein "Erfolg" wäre. Die SPÖ-Chefin musste sich mit 75,3 Prozent begnügen. Ziemlich fix ist jedenfalls, dass Nehammer nicht das Ergebnis seines Vorgängers Sebastian Kurz toppen wird - der wurde 2021 gar mit 99,4 Prozent als Obmann wiedergewählt.

In der Zwischenzeit ist Kurz, gegen den in der Inseratencausa ermittelt wird, aus allen politischen Ämtern zurückgetreten. Die Inszenierung hat er dennoch nicht verlernt. Scheibchenweise wurde im Vorfeld bekannt, dass er am Parteitag teilnehmen und dort auch sprechen soll, allerdings eine Rückkehr in die Politik - mittlerweile "für immer" - ausschließt.

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Auch sonst waren die Aufreger im Vorfeld des 40. außerordentlichen Bundesparteitags der Volkspartei bis zu den Rücktritten am Montag eher etwas für politische Feinspitze: So soll "Die neue Volkspartei", wie sie unter Sebastian Kurz geheißen hat, wieder in "Die Volkspartei" umbenannt werden, auch das Logo wird geändert. Die von Kurz von Schwarz auf Türkis geänderte Parteifarbe bleibt aber erhalten, hieß es nach entsprechenden Spekulationen aus der Partei.

Einen konkreten Ablaufplan für das Event am Samstag war die Parteizentrale noch nicht imstande bekannt zu geben. Der Parteitag findet kommenden Samstag ab Mittag in der Grazer Helmut-List-Halle, einem ehemaligen Industriegebäude, statt. Auf der Tagesordnung steht die "Wahl des Bundesparteiobmannes" im Mittelpunkt.