APA - Austria Presse Agentur

TV-Duell der Kandidaten für Bürgermeisterwahl in Istanbul

Die Kandidaten für die Bürgermeisterwahl in Istanbul am kommenden Sonntag haben sich ein dreistündiges, teils kontroverses TV-Duell geliefert. Der Kandidat der islamisch-konservativen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP), Binali Yildirim, bezichtigte Ekrem Imamoglu von der linksnationalistischen Republikanischen Volkspartei (CHP) bei der Debatte am Sonntagabend wiederholt der Lüge.

Imamoglu warf Yildirim vor, "kein Recht zu haben", Versprechen zu machen, da seine Partei die Stadt schon seit Jahrzehnten regiere. Er kritisierte insbesondere die Verschwendung von Steuergeldern und die Förderung religiöser Stiftungen durch die AKP.

Yildirim wiederholte in dem TV-Duell den Vorwurf, die Wahl sei "gestohlen" worden. Er sagte jedoch nicht durch wen. Imamoglu kritisierte, dass die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu in der Wahlnacht vom 31. März kurz vor Mitternacht aufgehört hatte, die Ergebnisse zu aktualisieren, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle Stimmen ausgezählt waren.

Angesichts des aufgeheizten, polarisierten Klimas in der Türkei verlief die Debatte aber überraschend sachlich und höflich. Beide Kandidaten versprachen, Arbeitsplätze und mehr Grünflächen in der Stadt zu schaffen. Imamoglu sagte: "Istanbuls größtes Problem ist die Armut." Thema war unter anderem auch das Verkehrsproblem in der Millionenstadt.

Imamoglu hatte die Bürgermeisterwahl vom 31. März knapp gewonnen und zwei Wochen später offiziell sein Amt im Rathaus angetreten. Die AKP machte jedoch Unregelmäßigkeiten geltend. Unter dem Druck der Regierungspartei ordnete die Wahlkommission Anfang Mai die Annullierung und Wiederholung der Wahl an. Am 23. Juni wird daher erneut gewählt.

Es ist das erste Mal seit dem Amtsantritt der AKP 2002, dass sie sich zu einem Fernsehduell bereit erklärt hat. Bis in die 1990er Jahre waren TV-Debatten zwischen Kandidaten üblich in der Türkei. In den vergangenen Jahren zogen es die AKP-Politiker aber vor, sich den Wählern in TV-Interviews zu präsentieren. In der Türkei wurde die Debatte daher mit Spannung erwartet.

In zahlreichen Cafés in Istanbul fanden sich die Leute vor dem Fernseher zusammen. Das Duell unter der Moderation des Fox-Journalisten Ismail Kücükkaya wurde von allen großen Sendern live übertragen. Für eine Kontroverse sorgte in der Debatte die Frage, ob der Moderator die Fragen vorab mit den Kandidaten abgeklärt habe, was aber alle bestritten.