APA - Austria Presse Agentur

U-Ausschussbericht zum Großairport Berlin mit Vorschlägen

Über die "Baukatastrophe" rund um den neuen deutschen Hauptstadtflughafen BER hat ein U-Ausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus Bilanz gezogen - und macht Vorschläge, wie Großprojekte künftig besser laufen können. Erst mit neun Jahren Verspätung wurde der Prestigebau im Vorjahr eröffnet. Planungsfehler, Baumängel und Missmanagement führten zur Verdreifachung der Baukosten auf 6,5 Mrd. Euro. Die Last müssen großteils die Eigentümer tragen, Berlin, Brandenburg und der Bund.

In drei Jahren und 43 Sitzungen hat der Untersuchungsausschuss das Projekt unter die Lupe genommen. Zahlreiche Akten wurden gesichtet, 60 Zeugen befragt, darunter Regierungspolitiker wie Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), Manager verschiedener Ebenen wie Ex-Flughafenchef Hartmut Mehdorn und Engelbert Lütke Daldrup, der 2017 übernahm. Im Blickpunkt des Gremiums: die Zeit nach der geplatzten Eröffnung 2012 - die Jahre davor hatte schon ein früherer Ausschuss untersucht.

Eine wichtige Erkenntnis nun: In Zukunft sollten Baufachleute im Aufsichtsrat solche Großprojekte der öffentlichen Hand überwachen, nicht Politiker. "Der BER ist eine Erzählung von falschen unternehmerischen Entscheidungen, gepaart mit schlechter unternehmerischer Steuerung durch politisch besetzte Aufsichtsräte", meint der FDP-Abgeordnete Bernd Schlömer.

Laut Abschlussbericht hat 2012 der Aufsichtsrat unter dem damaligen Berliner Senatschef Klaus Wowereit (SPD) den Grundstein für das Baustellenchaos gelegt, das jahrelang währte. Das Kontrollgremium kündigte nach der gescheiterten Inbetriebnahme den Generalplanern und Architekten. Eine Fehleinschätzung sei auch gewesen, dass der Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn als neuer Geschäftsführer den Bau schnell abschließen werde.

Auch politischer Druck und Eingriffe in das operative Geschäft werden dem Kontrollgremium zur Last gelegt, das später auch Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck führte sowie nach Wowereits Rücktritt Michael Müller. In den jüngsten Jahren saßen keine Regierungschefs und deutlich weniger Staatssekretäre im Aufsichtsrat. "Das Auswechseln politischer Funktionsträger gegen Fachleute mit Bau und Projektsachverstand erwies sich im Nachhinein als richtig", bilanzierten die Parlamentarier.

Der Bericht hält dem heutigen Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup zu Gute, dass nach seinem Amtsantritt vieles auf der Baustelle besser gelaufen sei. Termine seien ohne politischen Druck gesetzt worden und ein realistisches Bild vom Stand der Arbeiten erlangt worden. Hervorgehoben werden auch Änderungen an der Projektstruktur und ein größerer Druck auf die beteiligten Baufirmen.

Was fehle, sei eine solide Finanzierung. "Wie der Untersuchungsausschuss feststellte, muss nach der baulichen Sanierung nun eine finanzielle Sanierung erfolgen." Der Ausschuss geht davon aus, dass die öffentliche Hand vorerst nichts von den Milliarden zurück erhält, mit denen sie dem Unternehmen unter die Arme griff. Die Tilgung der Gesellschafterdarlehen und die Zahlung einer Dividende sollten als "Fernziel" erhalten bleiben, heißt es.

Die Oppositionsfraktionen von CDU und FDP hatten kürzlich schon ihr Sondervotum zur Ausschussarbeit vorgestellt. Sie warnten, der Bau erweise sich als Blackbox für die Steuerzahler. Die Finanzlage sei nicht aufgeklärt. Der Einbruch der Passagierzahlen in der Coronakrise belastet nun den BER zusätzlich. Der Abschlussbericht konstatiert: "Dass der Flughafen inmitten einer Pandemie an den Start gegangen ist, entbehrt nicht einer gewissen Tragik."