APA - Austria Presse Agentur

Ukraine-Wahlkampf geht nach Selenskyj-Sieg weiter

Nach dem Erdrutschsieg von Wolodymyr Selenskyj hat sich die politische Konfrontation zwischen dem Lager des unterlegenen Kandidaten Petro Poroschenko und dem designierten Präsidenten in das ukrainische Parlament verlagert. Anhänger Poroschenkos ließen keinen Zweifel, dass Selenskyj in Ermangelung der nötigen parlamentarischen Mehrheit große Probleme haben werde, Schlüsselposten zu besetzen.

"Wir kommen in eine Situation, in der zwei Staatsgewalten (Präsident und Parlament, Anm.) miteinander in einem sehr unangenehmen Clinch liegen", erklärte am Wahltag der prominente Abgeordnete Wolodymyr Arjew vom Block Petro Poroschenko gegenüber der APA. Er kündigte an, dass seine Fraktion wohl für keinen der bisher öffentlich diskutierten Kandidaten stimmen würde, die Neopräsident Selenskyj laut Verfassung nominieren kann.

Artikel 106 der ukrainischen Verfassung sieht vor, dass das ukrainische Staatsoberhaupt der Werchowna Rada Kandidaten für die Ämter des Außenministers, des Verteidigungsminister, des Generalstaatsanwalts sowie des Geheimdienstchef vorschlagen kann. Ohne parlamentarische Mehrheit können sie jedoch nicht ernannt werden, auch die Ablöse bisheriger Amtsträger ist nicht möglich.

Bei Selenskyj selbst ließ man zuletzt keinen Zweifel, dass man eine derartige Blockadepolitik nicht akzeptieren würde. "Der Status Quo und Wolodymyr sind unvereinbar. Wir haben die Situation, wo es einerseits einen in der Kommunikation äußerst erfahrenen und populären gewählten Präsidenten gibt und andererseits ein sehr unpopuläres Parlament", sagte am Wahlabend der ehemalige Wirtschaftsminister und Selenskyj-Unterstützer Aivaras Abromavicius zur APA. Es sei nicht schwer zu erraten, wer bei einer solchen Konfrontation den Kürzeren ziehen werde, betonte er.

Wolodymyr Selenskyjs Wahlkämpfer lancierten am Dienstag eine Facebook-Umfrage zu einer etwaigen vorzeitigen Auflösung des Parlaments, das regulär im Oktober 2019 wiedergewählt werden müsste. Auch vereinzelte Abgeordnete des Block Petro Poroschenko hatten sich zuletzt für vorgezogene Neuwahlen ausgesprochen.