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APA - Austria Presse Agentur

Umstrittene Darsteller in Video gegen Gewalt gegen Frauen

Vor fünf Tagen hat der Verein Autonome Frauenhäuser (AÖF) eine Anti-Gewalt-Bewusstseinskampagne "Schluss mit den Ausreden" gestartet und dazu auch einen Spot veröffentlicht. Sechs Schauspieler kamen in diesem vor - gegen zwei gibt es nunmehr Gewaltvorwürfe. Für die Frauenhäuser spiegelt dies die traurige Realität wieder, dass mindestens jeder fünfte Mann Gewalt gegen Frauen anwendet. Sie entfernten das Video und erstellten stattdessen einen animierten Spot ohne Schauspieler.

Dass jeder fünfte Mann Gewalt ausübt, habe sich bei der Produktion der ursprünglichen Videokampagne bestätigt. "Mehrere Betroffene oder Menschen aus dem Umfeld, nicht nur Frauen, haben sich bei uns gemeldet", sagte AÖF-Geschäftsführerin Maria Rösslhumer der APA. Auch in Sozialen Medien meldeten sich mutmaßliche Opfer zu Wort. Neben Gewaltvorwürfen gibt es gegen einen Darsteller auch Vorwürfe der sexuellen Belästigung. Das Video war nach der Veröffentlichung auf Instagram mehr als 75.000, auf YouTube mehr als 3.000 und auf Facebook mehr als 10.000 Mal angesehen worden. Es wurde auch im Fernsehen vorgestellt und in den Sozialen Medien geteilt, wodurch der Spot 800.000 Menschen erreicht hat. Die Frauenhäuser bedauern, dass die Kampagne "Leid und Retraumatisierung bei betroffenen Frauen" ausgelöst habe, hieß es am Dienstag in einer Aussendung. "Das war überhaupt nicht unsere Absicht", sagte Rösslhumer. Mit den vier anderen Darstellern sei das Vorgehen abgesprochen. "Sie verstehen unseren Schritt."

Gegen einen Schauspieler waren auch in Sozialen Medien massive Vorwürfe erhoben worden, der Mann sei vor rund zwei Jahren auch körperlich handgreiflich geworden. Dass dieser Mann in einem Video, das sich gegen Gewalt gegen Frauen stellt, zu sehen war, habe bei der betroffenen Frau eine Retraumatisierung ausgelöst, hieß es in einem Posting. Ob gegen ihn oder den zweiten Darsteller bereits ermittelt wird, blieb unklar. "Aus datenschutzrechtlichen Gründen können wir diesbezüglich keine Auskunft geben. Die Wiener Polizei rät Betroffenen Anzeige zu erstatten", hieß es in einer Stellungnahme seitens der Wiener Polizei. Liegt ein Anfangsverdacht vor, wird dieser geprüft und Ermittlungen durchgeführt, betonte die Polizei.

Dass sich die Männer für die Rollen im Video überhaupt beworben haben, "zeigt, dass sie kein Bewusstsein für Gewalt gegen Frauen haben", konstatierte Rösslhumer. Die Frauenhäuser betonten, dass die meisten Gewalttaten, besonders wenn es keine körperliche Gewalt ist, nicht angezeigt und somit die Täter nicht zur Verantwortung gezogen werden. Aber auch eine vorhergehende "Prüfung" der Männer kann leider keine hundertprozentige Garantie über Gewaltlosigkeit verschaffen, denn wir wissen, dass gewaltausübende Männer ihr Verhalten nicht zugeben würden oder nicht als Gewalt definieren würden, betonten die AÖF. Außerdem würde nicht alles - beispielsweise laufende Ermittlungen - in einem Leumundszeugnis aufgelistet werden. Ob jemand Gewalt ausübt, erfahren wir meist über die Betroffenen oder über Personen aus dem Umfeld, sagte Rösslhumer. "Angesichts dieser Kampagnenerfahrung überlegen wir einen Fragebogen auszuarbeiten, der Männer vor einer Anstellung befragt, ob sie Gewalt an Frauen und Mädchen ablehnen bzw. in der Vergangenheit keine Gewalt angewendet haben", sagte die Geschäftsführerin.

Diese Kampagne bestätigt einmal mehr, wie tiefsitzend patriarchale Männlichkeiten noch sind und wie bedenklich hoch die Anzahl der Männer ist, die in unserer Gesellschaft Gewalt gegen Frauen ausübt, sagte Rösslhumer. Gleichzeitig sei klar geworden, wie wichtig es ist, Täterstrategien aufzuzeigen, sie sichtbar zu machen und darüber zu berichten, dass gewaltausübende Männer über eine fehlende Schuldeinsicht verfügen, kaum Bewusstsein über das Leid der Betroffenen zeigen und Gewalt an Frauen verharmlosen. "Schluss mit den Ausreden" ruft Männer dazu auf, gewalttätiges Verhalten zu erkennen und auf Gewalt, die durch männliche Kollegen, Nachbarn, Freunde oder Bekannte ausgeübt wird, zu reagieren. In der Gesellschaft dürfe es keine Toleranz gegenüber Gewalt gegen Frauen geben, forderten die Frauenhäuser.

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