"Unmögliche Verbindung": Komplexes Musiktheater in Bregenz
Der Produktion von "Unmögliche Verbindung" liegt eine entschlossene Haltung zugrunde, ist die folgenreiche Schwierigkeit menschlicher Kommunikation in kleinen wie in großen Konstellationen doch ein zentrales Motiv zahlreicher zeitgenössischer Werke. Hier sind dieses Thema und der Entstehungsprozess jedoch so deutlich ineinander verzahnt, dass man der Gefahr des Verschleißes entkommt. Der tschechische Komponist Ondřej Adámek hat "Unmögliche Verbindung" nicht nur für zwei Stimmen, einen Chor und 13 Instrumentalisten geschaffen, das Musiktheaterstück entstand im Austausch mit den Mitgliedern des Ensemble Modern und durch deren Input. Dass die Musikerinnen und Musiker auch als exzellente Textinterpreten agieren und eine absolut stimmige Bewegungschoreografie umsetzen, zählt zu den faszinierenden Aspekten der Produktion, die das Premierenpublikum mit viel Applaus bedachte.
Das Libretto ist eine Folge der Zusammenarbeit von Adámek mit dem Autor und Regisseur Thomas Fiedler und enthält zudem Passagen aus Texten von René Descartes, Leonardo da Vinci sowie Arne Rautenberg. Mit der Auseinandersetzung dieses deutschen Dichters mit der Sterblichkeit sowie mit Voraussetzungen, die das Sprechen und die Wahrnehmung des Ichs ermöglichen, ist es noch nicht getan, der biblische Turmbau zu Babel und die Vielsprachigkeit kommen ebenfalls zu Wort. Konkret beispielsweise, wenn neben dem deutschen Text nicht nur Englisch und Französisch gesprochen wird, sondern etwa auch persische, japanische, griechische und tschechische Wörter einfließen. "Es ist kein Libretto, das man sich als solches durchlesen will. Es ist ein Theater, das mit dem Raum, mit der Musik und dem Text erfahrbar ist", erklärte Thomas Fiedler vor der Uraufführung im Gespräch mit der APA: "Wir erzählen von Momenten des Scheiterns, gleichzeitig ist es aber ein steter Versuch, ein Gespräch herzustellen." Darin liege die Hoffnung.
Den politischen Aspekt der Kommunikation zu thematisieren, also die Frage, wie wir miteinander sprechen, um Probleme zu lösen und die vielen Assoziationen, die die farbenreiche Musik und der Text ermöglichen, unter einen Hut zu bringen, ist eine besondere Herausforderung. In der Kölner Philharmonie, wo das Werk nach der Uraufführung in Bregenz gespielt wird, ist eine konzertante Umsetzung angekündigt. Dabei hat Thomas Fiedler mit seiner Inszenierung nichts überfrachtet. Eine Blackbox des Ausstatters Christian Wiehle bildet das zentrale Bühnenelement. Sie dient als Projektionsfläche für untermalende Bilder von einer Gefängnisfront (vor der Adámek in Hamburg einmal Frauen sah, die mit den Insassen zu kommunizieren versuchten), von einer Stadt, von Lippen, Augen, der Erdkugel und deren Verglühen.
Die großartige Sopranistin Tara Khozein und die agile Schauspielerin Hanni Lorenz werden hinter ihr quasi aufs Spielfeld geworfen und am Ende fährt sie hoch und stülpt sich über das gesamte Ensemble - nur ein Phonograph krächzt noch. Das leichte Pathos, das dieses finale Bild somit durchzieht, beeinträchtigt die hohe Qualität dieser Produktion nicht. Hinterfragbar sind eher zwei wandelnde Ohrmuschelskulpturen neben zahlreichen Standmikrofonen, mit denen das Ensemble einige dieser hinreißenden perkussiven Elemente einbaut, die die Partitur enthält. Adámeks intensive Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten der menschlichen Stimme nimmt im Zusammenwirken der Musikerinnen und Musiker, des kleinen Bregenzer Festspielchores, Khozein und Lorenz nicht nur großen Raum ein - absolut nichts affektiert wirken zu lassen, erweist sich als besonders wohltuend.
Dass etwa die Herleitung der Rhythmik musikhistorisch bis hin zum Barock einordenbar wird, macht Ondřej Adámek unter Vertretern neuer Musik nicht zum Eklektiker. Schon der Aufbau der Soli macht klar, dass er ein von Interpreten begehrter sowie grundsätzlich souveräner Erzähler ist. Er steht im Übrigen nicht nur am Pult, sondern wirkt in einigen Szenen auch mit. In "Unmögliche Verbindung" mit der Komplexität der Kommunikation als zentrales Motiv dieses Werks, wird das Teamwork als Bewältigungsstrategie somit zum besonders schönen, weil niemals aufgesetzt wirkenden Aspekt.
(Von Christa Dietrich/APA)
(S E R V I C E - "Unmögliche Verbindung" von Ondřej Adámek. Inszenierung: Thomas Fiedler. Ausstattung: Christian Wiehle. Mit dem Ensemble Modern, Tara Khozein, Hanni Lorenz und Mitgliedern des Bregenzer Festspielchores. Weitere Aufführung am 28. Juli, 20.00 Uhr, auf der Werkstattbühne der Bregenzer Festspiele: www.bregenzerfestspiele.com)
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