APA - Austria Presse Agentur

UNO fordert radikales Umdenken in der Plastikindustrie

Das UNO-Umweltprogramm (UNEP) hat am Dienstag einen Bericht vorgelegt, der radikale Alternativen im Bereich der Plastikindustrie vorschlägt, um das Problem der weltweiten Plastikverschmutzung in den Griff zu bekommen. Im Zentrum stehen Wiederverwendung, Recycling und eine Neuausrichtung der Produktion, um bei Kunststoffen eine Markttransformation von der Wegwerfwirtschaft hin zu einer Kreislaufwirtschaft in die Wege zu leiten.

Betont wird in dem "Turning off the Tap" (Den Hahn zudrehen) genannten Bericht, dass alles unternommen werden muss, um Kunststoffrecycling profitabler zu machen, nachhaltige Kunststoffalternativen zu fördern und ein entsprechendes Verbraucherbewusstsein zu schaffen. Dafür brauche es Regulierungsinstrumente - die nicht nur zu einer Reihe von wirtschaftlichen Vorteilen führen, sondern auch die Schäden für die menschliche Gesundheit, die Umwelt und das Klima verringern sollen.

"Den Hahn der Plastikverschmutzung zuzudrehen ist in Reichweite", heißt es in dem Bericht. Mit einem "integrierten Paket politischer Maßnahmen, klarer Wege und neuer Geschäftsmodelle" könnten die Länder einzeln und gemeinsam dieses Ziel erreichen. Bei einem Systemwechsel könne bis 2040 die Plastik-Neuproduktion mehr als halbiert und der Anteil von Materialien, die wiederverwendet oder recycelt werden, auf 27 Prozent gesteigert werden. Nach diesem Szenario könnte Plastikmüll, der in die Umwelt gelangt, um über 80 Prozent reduziert werden.

Die Investitionskosten des Systemwechsels werden mit rund 65 Milliarden US-Dollar pro Jahr deutlich geringer eingeschätzt als die derzeitigen jährlichen Investitionen. "Aber die Zeit ist von entscheidender Bedeutung: Eine Verzögerung von fünf Jahren könnte zu einem Anstieg der Plastikverschmutzung um 80 Millionen Tonnen führen", heißt es. Gleichzeitig könnten 700.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Derzeit arbeiteten etwa neun Millionen Menschen weltweit in der Polymerproduktion und der kunststoffverarbeitenden Industrie, wird geschätzt.

Für Greenpeace-Expertin Lisa Panhuber geht der im UNEP-Headquarter in Nairobi vorgestellte Bericht "viel zu wenig auf die Rolle der Plastikproduktion ein. Ein Plan, der auch in 17 Jahren noch 100 Millionen Tonnen Plastikverschmutzung pro Jahr akzeptiert, ist viel zu wenig. Der Bericht zeigt zwar auf, wie wichtig Wiederverwendung durch Mehrweg- oder Abfüllsysteme ist und dass es eine just transition für Arbeiter:innen, insbesondere für Müllsammler:innen, braucht. Aber die UNEP ignoriert die enorme Verschmutzung und die Emissionen, die mit Herstellung, Verwendung, Verbrennung, Deponierung und dem Recycling von Kunststoffen verbunden sind", so Panhuber gegenüber der APA. "Das globale Plastikabkommen muss die Kunststoffproduktion begrenzen und reduzieren."

Dieses globale Plastikabkommen der UNO geht von 29. Mai bis 2. Juni in Paris in die zweite Verhandlungsrunde. Die im vergangenen Jahr gestarteten Beratungen sollen in insgesamt fünf Etappen (die nächste Runde findet im November in Nairobi statt) erstmals ein internationales und rechtsverbindliches Abkommen zur Bekämpfung der weltweiten Verschmutzung durch Kunststoffe erarbeiten.

Dabei geht es nicht nur um die Beseitigung, sondern vor allem um die Vermeidung von Plastikmüll. Angestrebt werden etwa globale Verbote besonders schädlicher Kunststoffe, die schrittweise Reduzierung von Plastik-Neuproduktion samt verbindlicher Vorgaben sowie die Entwicklung von Recycling-Systemen und umweltfreundlichen Alternativen. Im Herbst 2024 soll bei der fünften Verhandlungsrunde in Südkorea das Plastikabkommen finalisiert werden und bereits 2025 in Kraft treten. Für Inger Andersen, die Exekutivdirektorin von UNEP, ist das Abkommen das wichtigste internationale Umweltabkommen seit dem Pariser Klimaabkommen.

(S E R V I C E - https://www.unep.org)