APA - Austria Presse Agentur

Unwetter in Italien: Lagunenstadt Venedig überschwemmt

Unerwartet starker Schirokko-Wind hat den Wasserpegel in der Lagunenstadt Venedig am Dienstag auf 138 Zentimeter getrieben, acht Zentimeter mehr als die Meteorologen vorhergesagt hatten.

So wurde die Lagunenstadt überschwemmt, ohne dass rechtzeitig das Dammsystem MOSE aktiviert werden konnte. Wasser drang auch in den Markusdom ein. "Wenn das Wasser weiterhin steigt, werden auch die Kapellen im Inneren der Basilika überschwemmt", warnten die Behörden laut lokalen Medien. Die Gemeinde erklärte, dass das Dammsystem MOSE nicht aktiviert worden sei, weil die Wetterexperten am Dienstagvormittag noch mit einer Flutwelle von 130 Zentimetern gerechnet hatten. Die Verschlechterung der Wetterlage sei plötzlich aufgetreten, daher habe die Stadt unvorbereitet reagiert.

Der Einsatz von MOSE muss 48 Stunden im Voraus geplant werden. In den vergangenen Tagen war das Dammsystem zwei Mal eingesetzt worden, damit blieb die Lagunenstadt trocken. In der Nacht auf Mittwoch sollen die Barrieren aufgestellt werden, um die Lagunenstadt vor einer weiteren Flutwelle zu schützen, berichtete der Bürgermeister von Venedig, Luigi Brugnaro. Er gab zu, dass die Prozeduren für die Aufstellung des Dammsystems geändert werden müssten. Man müsse auch bei niedrigerer Flutwelle ein Voralarm-System einführen, meinte Brugnaro.

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Das Hochwasser weckt in der Lagunenstadt Erinnerung an das Drama, das sich vor 13 Monaten abgespielt hatte. In der Nacht auf den 13. November 2019 wurde Venedig von einer katastrophalen Flutwelle überschwemmt. Das Wasser - angetrieben durch Schirokko-Wind - stieg auf 187 Zentimeter über dem Meeresspiegel. Das war der höchste Stand seit der verheerenden Überschwemmung im Jahr 1966, als 194 Zentimeter erreicht wurden.

Seit dieser dramatischen Nacht ist Venedig nicht mehr dieselbe Stadt. Das Symbol des Massentourismus, in dessen Gassen sich täglich bis zu 130.000 Menschen tummelten, ist zum Erliegen gekommen. Zwar hat die UNESCO-Stadt relativ schnell die Schäden behoben, die Touristen sind seit dem dramatischen November 2019 aber fern geblieben. Drei Monate nach der "Acqua alta", wie die Venezianer das ihnen vertraute Phänomen bezeichnen, brach in Norditalien die Coronavirus-Epidemie aus, die die Lagunenstadt und ganz Italien zu einem beispiellosen Lockdown zwang. Seitdem hat der touristische und wirtschaftliche Niedergang Venedigs begonnen, für den bisher noch kein Ende in Sicht ist.

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Im Oktober wurde erstmals das mobile Dammsystem MOSE erfolgreich eingesetzt. Trotz "Acqua Alta" von 125 Zentimetern blieb der Markusplatz trocken. Bürokratie, Korruptionsskandale und unterschiedliche politische und wirtschaftliche Interessen hatten das Milliarden-Projekt immer wieder verzögert. Im Dezember wurde das Dammsystem bereits zwei Mal eingeschaltet.

Ganz Italien ist seit Tagen von einer Schlechtwetterfront bedeckt. Venetiens Regionalpräsident Luca Zaia sprach von Schäden in der nordöstlichen Region in Höhe von bis zu 500 Millionen Euro. Der Zivilschutzbehörde zufolge galt am Dienstag für die Regionen im Nordosten Italiens sowie um Rom und südlich davon die höchste Wetterwarnstufe Rot.