APA - Austria Presse Agentur

USA und Europäer streiten über Rückführung von IS-Kämpfern

Der Umgang mit tausenden in Syrien inhaftierten Kämpfern der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) sorgt weiter für Streit zwischen den USA und ihren europäischen Verbündeten. US-Außenminister Mike Pompeo drängte die Europäer bei einem Treffen der Anti-IS-Koalition in Washington am Donnerstag erneut dazu, ihre Staatsbürger, die für die IS-Miliz zu den Waffen gegriffen haben, zurückzuholen.

Den Vorschlag Frankreichs, die Jihadisten an den Irak zu überstellen, nannte die US-Regierung "unverantwortlich". Die ausländischen IS-Kämpfer müssten von ihren jeweiligen Heimatländern in Europa zurückgeholt werden, sagte Pompeo. Dort sollten sie dann "für die von ihnen begangenen Gräueltaten" zur Rechenschaft gezogen werden.

EU-Staaten wie Österreich, Frankreich, Deutschland und Großbritannien sträuben sich seit Monaten, eigene Staatsbürger aus den Gefangenenlagern in Syrien zurückzuholen. Der Anti-Terror-Koordinator des US-Außenministeriums, Nathan Sales, kritisierte die Haltung der Verbündeten. Es gebe bei diesem Thema deutliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Washington und den Europäern.

Den Vorstoß Frankreichs, in Syrien inhaftierte ausländische IS-Kämpfer an den Irak zu überstellen, um ihnen dort den Prozess zu machen, nannte Sales "unverantwortlich". Die europäischen Länder könnten nicht erwarten, dass der Irak das Problem für sie löse. Sales erteilte auch Plänen für die Einrichtung eines internationalen Sondergerichts für IS-Kämpfer eine Absage. Ein solches Tribunal würde "ein Vermögen kosten", zudem könnten nationale Gerichte vermutlich effektiver arbeiten.

Pompeo versicherte bei den Beratungen in Washington zugleich, dass sein Land die Anti-IS-Koalition "und die Welt bei diesem zentralen Sicherheitsprojekt" weiter anführen werde. Frankreich hatte das Treffen der Allianz beantragt, nachdem US-Präsident Donald Trump Anfang Oktober den Abzug der US-Truppen aus Nordsyrien angeordnet hatte. Dies weckte die Sorge, dass die Jihadistenmiliz wieder erstarken könnte.

Nach dem Abzug der US-Truppen hatte die türkische Armee Anfang Oktober ihre Militäroffensive gegen die Kurdenmiliz YPG begonnen, die von den USA zuvor lange im Kampf gegen den IS unterstützt worden war. In der Folge entkamen zahlreiche IS-Kämpfer aus bis dahin von der Kurdenmiliz bewachten Gefangenenlagern, hunderttausende Kurden wurden aus Nordsyrien vertrieben.

Pompeo sagte, die US-Truppen seien so positioniert, dass ein Erstarken des IS verhindert werde. Dabei verwies er auf die Tötung des IS-Führers Abu Bakr al-Baghdadi durch US-Spezialeinsatzkräfte im Norden Syriens Ende Oktober.

Trump seinerseits forderte die europäischen Staaten auf, mehr zu bezahlen, um die Kosten für Flüchtlinge aus Syrien abzudecken. Nach einem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am Mittwoch im Weißen Haus in Washington erklärte Trump: "Ich denke, dass Europa offen gesagt zu einem großen Teil dafür zahlen sollte. Derzeit bezahlt ja die Türkei das meiste."

Die türkischen Behörden begannen unterdessen, IS-Angehörige in ihre Heimatländer abzuschieben. Am Donnerstag wurde eine siebenköpfige deutsche Familie nach Berlin abgeschoben, der Verbindungen zur Terrormiliz vorgeworfen werden. Auch ein "ausländischer terroristischer Kämpfer" aus Großbritannien sei in seine Heimat ausgewiesen worden, teilte das türkische Innenministerium laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi am Donnerstag mit.

Laut der Zeitung "Hürriyet" sollen zunächst 959 Verdächtige abgeschoben werden, darunter knapp 600 Iraker und Syrer, aber auch rund 30 Bürger europäischer Staaten. Darunter sind auch viele Frauen und Kinder. Österreicher dürften nicht betroffen sein. Nach Angaben von Präsident Erdogan befinden sich insgesamt 1.216 IS-Anhänger aus 40 Ländern in türkischer Haft.