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Van der Bellen macht Bierlein zur ersten Bundeskanzlerin

Brigitte Bierlein wird erste Bundeskanzlerin von Österreich. Sie wurde von Bundespräsident Van der Bellen auserkoren. Jabloner wird Vizekanzler - die Parlamentsparteien sind zufrieden.

Österreich weiß seit Donnerstagnachmittag, wer das Land zur Neuwahl führt. Es ist die bisherige VfGH-Präsidentin Brigitte Bierlein, die von Staatsoberhaupt Alexander Van der Bellen als erste Kanzlerin auserkoren wurde. Davor hatte sich der Präsident erfolgreich den Segen der Parlamentsparteien für diese Entscheidung geholt.

Weniger der Name Bierlein kam überraschend als der Zeitpunkt, hatte man doch erst am Freitag mit der Designierung einer neuen Regierungschefin gerechnet. Doch lud der Präsident am Feiertag-Vormittag die Chefs der drei größten Parteien zu sich und es oblag dann dem designierten FPÖ-Obmann Norbert Hofer zu verkünden, dass demnächst weißer Rauch aufsteigen würde.

Telefonate des Präsidenten mit NEOS und Liste Pilz folgten und um 15 Uhr trat Van der Bellen dann vor die Öffentlichkeit, um das zu verkünden, was ohnehin schon eine Stunde davor durchgesickert war. An seiner Seite stand die Höchstrichterin und der Präsident frohlockte: Bierlein sei einmal als "stets die erste" charakterisiert worden. "Sie wird wieder die erste sein, nämlich die erste Bundeskanzlerin der Republik Österreich."

Er habe ein Person gesucht, die über umfassendes Wissen verfüge und von der der sorgfältigste Umgang mit der Bundesverfassung zu erwarten sei - eine Persönlichkeit, die in den kommenden Monaten die Geschicke der Republik nach innen und außen lenken könne. "Und wer wäre dafür besser geeignet als die oberste Hüterin der österreichischen Bundesverfassung?", fragte Van der Bellen wohl mehr rhetorisch.

Weil sie schon da war, beauftragte Van der Bellen Bierlein auch gleich mit der Regierungsbildung. Wie lange diese braucht, war vorerst unklar, aber zwei Namen nannte die designierte Kanzlerin bereits. Clemens Jabloner, über zwei Jahrzehnte Präsident des Verwaltungsgerichtshofs, wird nicht nur Justizminister sondern auch Vizekanzler. Sehr überraschend ist hingegen, dass der Karriere-Diplomat Alexander Schallenberg das Außenressort übernimmt. Zwar gibt es keinerlei Zweifel an seiner Expertise, doch gilt er seit vielen Jahren als enger Vertrauter des abgewählten Bundeskanzlers Sebastian Kurz (ÖVP).

Die übrigen Ministernamen dürfte es spätestens am Montag geben. Es solle sich um "erfahrene Beamte mit ausgezeichnetem Expertenwissen" handeln, betonte Van der Bellen.

Dass es auch für eine Höchstgerichts-Präsidentin keine alltägliche Sache ist, zur ersten Kanzlerin eines Landes zu werden, machte Bierlein in einem kurzen Statement klar. Als der Bundespräsident sie gefragt habe, sei sie zunächst sprachlos gewesen und habe sich einige Stunden Bedenkzeit erbeten. Dann sei sie zum dem Schluss gelangt, "zum Wohl der Republik Österreich diese doch sehr verantwortungsvolle Aufgabe zu übernehmen". Ihre Agenden im VfGH übernimmt ihr Vize Christoph Grabenwarter.

Angesichts der Absprache Van der Bellens mit den Parteien war deren positive Reaktion wenig überraschend. VP-Chef Kurz sicherte zu, dass seine Partei Bierlein, eine "außerordentlich kompetente, erfahrene und integre Persönlichkeit", best möglich unterstützen werde. Dies sicherten auch die anderen Parteien zu, wobei sich SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner und NEOS-Obfrau Beate Meinl-Reisinger besonders freuten, dass erstmals eine Frau zur Regierungschefin aufsteigt. Darauf wiesen auch JETZT-Klubobmann Bruno Rossmann und Grünen-Chef Werner Kogler in ihren Würdigungen hin. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl kündigte eine gute Zusammenarbeit auf parlamentarischer Ebene mit der neuen Bundeskanzlerin an.