APA - Austria Presse Agentur

Verfassungsschutzreform vom Nationalrat beschlossen

Mit breiter Mehrheit hat der Nationalrat am Donnerstag die Reform des krisengeschüttelten österreichischen Verfassungsschutzes beschlossen. Aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) wird die DSN, die "Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst" mit strikter Trennung der beiden Bereiche. Die Regierungsfraktionen ÖVP und Grüne, aber auch SPÖ und FPÖ stimmten zu. Die NEOS hätten sich noch mehr Kontrolle gewünscht.

Alle Fraktionen und auch Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) einte das Lob für die Harmonie und Konstruktivität bei der gemeinsamen Erarbeitung des Gesetzes. Es sei "im Sinne des Verfassungsschutzes ein historischer Tag", betonte Karl Mahrer (ÖVP). Man sei vom Gegeneinander zum Miteinander gelangt, "das ist gut im Dienste der Demokratie, im Dienste des Parlamentarismus und im Dienste der Menschen".

Georg Bürstmayr (Grüne) lobte vor allem die FPÖ für deren sachorientierten, ruhigen und respektvollen Beitrag: "Ich finde es bedauerlich, dass das bei anderen Materien nicht geht." Man habe einen Dienst nach den Regeln des 21. Jahrhunderts geschaffen, Kontrollrechte ausgeweitet und auch eine Whistleblowerstelle geschaffen. Mit Missständen müsse man sich also nicht mehr unbedingt an die Wochenzeitung "Falter" wenden. "Du musst jetzt sehr stark sein", meinte er ironisch in Richtung dessen Chefredakteurs Florian Klenk.

Seitens der Opposition merkte Reinhold Einwallner (SPÖ) kritisch an, dass die breite Beteiligung des Parlaments nicht von Anfang an gegeben gewesen sei. Erst der Terroranschlag in Wien am 2. November des Vorjahres habe dies beschleunigt. Dennoch freute er sich über den nunmehrigen "Meilenstein in der parlamentarischen Kontrolle". Nun gehe es um eine Abkehr von der Personalpolitik der vergangenen Jahrzehnte und das Rückgewinnen des Vertrauens der internationalen Partnerdienste.

Ungewohnte Töne kamen von der FPÖ. Deren Mandatar Hannes Amesbauer dankte allen Fraktionen für die Zusammenarbeit und sprach von Beschlüssen, die gut für das Vertrauen der Bevölkerung in den Nachrichtendienst seien. Speziell hob er hier die Entpolitisierung der Führung hervor. Er wolle auch nicht diskutieren, wer woran Schuld sei, ließ er die Turbulenzen der Razzia im BVT unter FPÖ-Innenminister Herbert Kickl und den darauf folgenden Untersuchungsausschuss außen vor. Den Anstoß für die Reform reklamierte er allerdings sehr wohl für seinen nunmehrigen Parteichef.

Für die NEOS sprach Nikolaus Scherak von einer dringend notwendigen Reform. Der Verfassungsschutz sei seit langem eine riesige Baustelle, und die Zerbes-Kommission habe nach dem Terroranschlag erschreckende Ergebnisse über die "Black Box in mehrerer Bedeutung des Wortes" zu Tage gebracht. Die Nicht-Zustimmung seiner Fraktion begründete er mit dem Wunsch nach parlamentarischer Kontrolle auch laufender Verfahren. Den neuen Kompetenzen der Geheimdienst-Ausschüsse des Parlaments - ein eigner Beschluss - stimmten die NEOS aber zu.

Nehammer bemühte erneut das Bild vom BVT als rissiger Schutzmauer. "Unsere Aufgabe war es, eine neue Mauer der Republik zu bauen." Man sichere damit Freiheit, Grundrechte und Demokratie und wolle national und international Vertrauen zurückgewinnen. Was man geschafft habe, sei die größte Verfassungsschutzreform der Zweiten Republik.

Durch die Trennung zwischen Nachrichtendienst und staatspolizeilichen Aufgaben wird den bisherigen Landesämtern für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung mit der Reform künftig ausschließlich die Aufgabe des Staatsschutzes zukommen. Die "Meldestelle Extremismus und Terrorismus" wird gesetzlich verankert.

Um bessere Information innerhalb der Behörden zu garantieren, werden Fallkonferenzen u.a. mit Behörden, Bildungs- und Deradikalisierungsorganisationen nach Vorbild der sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen etabliert. Die Gefährderansprache wird dem Staatsschutz zugewiesen.

Eingerichtet wird eine unabhängige Kontrollkommission. Diese soll systemische Mängel und Optimierungsbedarf in der Organisation aufzeigen. Sie kann entweder aus eigenem Antrieb oder über konkretes Ersuchen des Innenministers oder des Ständigen Unterausschusses im Parlament tätig werden. Daneben soll die Kontrollkommission auch als Anlaufstelle für Whistleblower dienen. Die drei Mitglieder werden vom Nationalrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit bestellt.