APA - Austria Presse Agentur

Verkaufszahlen für "Die satanischen Verse" stark gestiegen

Nach dem Angriff auf den Schriftsteller Salman Rushdie haben dessen Bücher in Deutschland wieder an Popularität gewonnen. Nach Angaben der Verlagsgruppe Penguin Random House gilt das vor allem für "Die satanischen Verse". In den vergangenen Jahren habe man den Roman jährlich im vierstelligen Bereich verkauft, teilte eine Sprecherin mit. Eine Neuausgabe sei 2017 als Taschenbuch erschienen und seitdem durchgehend lieferbar gewesen.

"Nach dem Attentat auf Salman Rushdie am 12. August stieg die Nachfrage sprunghaft an, sodass das Buch für einige Tage vergriffen war", teilte die Verlagssprecherin auf dpa-Anfrage mit. Eine Nachauflage in Höhe von 25.000 Exemplaren sei nun wieder lieferbar. "Eine weitere Auflage ist in Vorbereitung."

Auch in Großbritannien zog die Nachfrage nach Büchern Rushdies laut Angaben des Branchendiensts Nielsen BookData seit dem Anschlag erheblich an. Die Verkaufszahlen stiegen demnach im Vergleich zu Anfang August beinahe um das Dreißigfache.

Der Autor war Mitte August in den USA angegriffen und schwer verletzt worden. Als Reaktion habe es nicht nur eine große Welle der Solidarität gegeben, sondern auch eine erneute Einordnung der literarischen Bedeutung seines Werkes quer durch alle Medien, hieß es beim Verlag in Deutschland. "So wünschte sich zum Beispiel Daniel Kehlmann in der "Zeit" Salman Rushdie zurück auf die Bestsellerliste: "Ein Vorschlag: Kaufen Sie jetzt "Die satanischen Verse"."

Das Internationale Literaturfestival Berlin rief dazu auf, am 29. September an vielen Orten aus Rushdies Büchern zu lesen. Die Autorin Madame Nielsen schlug in einer Mitteilung des Festivals zudem vor, bis dahin überall im öffentlichen Raum "Die satanischen Verse" bei sich zu tragen - "dass wir das Buch überall aufschlagen und lesen, in Cafés, Parks und der U-Bahn". Auf einer Solidaritätskundgebung werden am 6. September u. a. Doron Rabinovici, Susanne Ayoub und Olga Flor auf dem Wiener Heldenplatz aus dem Buch lesen und sich damit für die Freiheit der Kunst einsetzen.

Der Deutsche Bibliotheksverband hat sich in Köln, Hamburg und Frankfurt am Main umgehört. Auch dort sei die Zahl der Ausleihen von Rushdies Werken gestiegen. Im "Literarischen Quartett" im ZDF wurden "Die satanischen Verse" zuletzt besprochen. Dort wurde das Buch von Journalist Deniz Yücel vorgestellt. "Mit einem Wort: Es ist leider geil." Es sei ein großes Stück Weltliteratur. Es sei opulent, witzig, klug, manchmal auch derb. Es habe seine Längen, aber darüber lese man hinweg. Es sei schade, dass es erst den Mordversuche habe geben müssen, um es auch im "Literarischen Quartett" zu besprechen.

In dem Buch gebe es einen Schlüsselsatz, sagte Yücel. "Da wird die Frage aufgestellt: Was ist das Gegenteil von Glauben?" Unglauben vielleicht? Nein, das sei zu gewiss, zu klar, selber eine Form des Glaubens. "Das Gegenteil des Glaubens ist der Zweifel. Darum geht es in diesem Buch - und außerdem ist es verdammt komisch."

Wegen des Buchs von 1988 hatte der frühere iranische Revolutionsführer Ajatollah Chomeini per Fatwa, einem islamischen Rechtsgutachten, zur Tötung des britisch-indischen Autors aufgefordert. Er warf Rushdie vor, in seinem Roman den Islam, den Propheten und den Koran beleidigt zu haben. Auf das Todesurteil folgten damals eine dramatische Flucht Rushdies und jahrelanges Verstecken. Rushdies neuer Roman "Victor City" soll im April 2023 auf Deutsch erscheinen.