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APA - Austria Presse Agentur

ExpertInnen gehen von Verlängerung des Ost-Lockdowns aus

Der verkündete Ost-Lockdown wird laut einiger GesundheitsexpertInnen wahrscheinlich nicht reichen, um eine echte Trendwende auf den überlasteten Intensivstationen zu bringen.

Denn er kommt zu spät und ist zu kurz, sagten heute von der APA befragte Virologen und Epidemiologen. Die Politik lieferte sich derweil die üblichen Debatten: Die Opposition warf der Regierung Versagen vor. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) appellierte an die Bevölkerung.

Der Epidemiologe Gerald Gartlehner kritisierte im APA-Gespräch am Donnerstag, dass die Maßnahmen im Osten zu spät kommen und zu kurz dauern. Gartlehner geht davon aus, dass wir nach dem Oster-Lockdown vom 1. bis 6. April nahtlos in einen längeren übergehen und den April im Lockdown verbringen.

"Diese fünf, sechs Tage sind eine homöopathische Dosis, das wird die Infektionszahlen nicht nachhaltig ändern." Auch Komplexitätsforscher Peter Klimek ging am Donnerstag davon aus, dass der kurze Lockdown im Osten nicht reichen werde, um eine Trendumkehr zu schaffen.

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Kritische Situation beschränkt sich nicht nur auf Ostregion 

Gartlehner kann dem Ganzen aber auch etwas Positives abgewinnen: "Zumindest ist die Realität anerkannt worden. Am Montag hat man noch geglaubt, dass nichts passiert." Die Politik könnte aber "gleich mit offenen Karten spielen" und die unangenehme Wahrheit sagen, "dass es sich mit fünf bis sechs Tagen nicht ausgehen wird", so der Experte für Evidenzbasierte Medizin von der Donau-Universität Krems.

Gartlehner warnte auch davor, dass die kritische Situation nicht auf die Ostregion beschränkt bleiben werde. In Tirol sei man jetzt dort, wo Wien vor zwei bis drei Wochen war. "Früher oder später wird überall die gleich Situation eintreten." Erleichterungen erwarte er erst in drei Monaten, Ende Juni, wenn ausreichend Menschen immunisiert seien und wenn nichts dazwischen komme.

"Eher spät und eher kurz" – so beurteilte auch Virologin Dorothee von Laer im APA-Gespräch die Maßnahmen für die Ostregion zu Ostern. Es sei zu hoffen, dass die Menschen bereits in der Woche bis Ostern die Warnungen ernst nehmen und sich entsprechend verhalten. Nach der geplanten Aufhebung des Lockdowns sei aber davon auszugehen bzw. sei zu befürchten, dass die Zahlen wieder ansteigen und man auch in den Intensivstationen der Krankenhäuser wieder an die Kapazitätsgrenzen gelange.

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Maßnahmen streng einhalten

Einen Lichtblick bzw. mögliche Auswege aus der verfahrenen Situation ohne Verlängerung des Lockdowns nach Ostern sah Von Laer jedoch: Sollten Maßnahmen wie die auf alle Innenräume ausgeweitete FFP2-Maskenpflicht sowie die Betriebstestungen eingehalten werden, könne man vielleicht mit Glück auch so – "ohne das wirtschaftliche Leben groß einzuschränken" – bis Ende Mai "durchkommen".

Von Laer warnte ebenfalls davor, dass sich die Briten-Mutante über ganz Österreich ausbreiten werde. Zur Vorsicht in den anderen Bundesländern mahnte auch der Mikrobiologe Michael Wagner von der Uni Wien. "Wenn sich B.1.1.7 durchsetzt, sind die in wenigen Wochen da, wo die Ost-Bundesländer jetzt sind", sagte er zur APA am Donnerstag.

Gesundheitsminister Anschober meldete sich derweil mit einem Appell an die Bevölkerung zu Wort und rief diese dazu auf, die Maßnahmen einzuhalten. "Wir müssen die weitere Ausbreitung des Virus stoppen und das können wir nur dann erreichen, wenn wir alle einen Beitrag dazu leisten", so der Minister.

In den betroffenen Ländern schoss sich die Opposition auf die Regierenden ein. Die burgenländischen Oppositionsparteien warfen dem alleinregierenden Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) einen "Zick-Zack-Kurs" vor. "Doskozil sagt, was die Leute gerne hören würden, aber er sagt nicht die Wahrheit. Damit handelt er sorglos und verantwortungslos", meinte etwa ÖVP-Klubobmann Markus Ulram.

Auch in Niederösterreich reagierte die Opposition mit scharfer Kritik. Die Landeshauptleute Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Doskozil seien "als Tiger nach Wien gestartet und als Bettvorleger in ihren Bundesländern gelandet". Die Schließungen im Handel seien ein wirtschaftliches Desaster, das Aussetzen des Präsenzunterrichts mache "Kinder schon wieder zu Opfern", sagte FPÖ-Landespartei- und Klubobmann Udo Landbauer.