APA - Austria Presse Agentur

Corona: Versicherungen müssen trotz Ausnahmeklausel zahlen

Eine Corona-Ausnahmesituationsklausel in Rechtsschutzpolizzen, mit denen Versicherungen mit Hinweis auf die Pandemie immer wieder Deckungen ablehnen, ist gerichtlich beseitigt worden.

Dieses Urteil habe nach den allgemeinen Grundsätzen des Verbandsverfahrens Signalwirkung für andere Versicherer, erklärte am Montag der Verein für Konsumenteninformation (VKI). Egal ob Reiserücktritte, Flugausfälle oder Veranstaltungsabsagen wegen Covid-Bekämpfungsmaßnahmen: Einige Rechtsschutzversicherungen verwehrten Kunden bei derlei Rechtsstreitigkeiten den Deckungsschutz und beriefen sich dabei auf eine Ausnahmesituationsklausel. Gegen eine solche Klausel bei der UNIQA war der VKI vorgegangen - das Oberlandesgericht (OLG) Wien erkannte diese Klausel für gesetzwidrig. Da die UNIQA das Urteil nicht bekämpft hat, wurde es rechtskräftig. (5 R 13/21z)

Die UNIQA dürfe sich daher auf diese Klausel bei Deckungsablehnungen nicht mehr berufen, erklärte die Leiterin der VKI-Abteilung Klagen, Beate Gelbmann. Betroffene sollten erneut eine Deckungsanfrage an die UNIQA richten. Alle anderen Versicherer, die sich bei der Ablehnung der Deckung von Fällen im Konnex mit der Coronapandemie auf diese oder eine vergleichbare Klausel stützen, sollten ebenfalls umdenken, weil nun gerichtlich klargestellt sei, dass diese Ausnahmesituationsklausel gesetzwidrig sei. "Sollten sich andere Versicherer nicht daran halten, werden wir weitere Fälle einklagen", so Gelbmann am Montag. Denn solche oder inhaltlich gleich gelagerte Klauseln seien in fast allen Rechtsschutzversicherungsverträgen enthalten.

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Die Klausel war vom OLG Wien als gröblich benachteiligend und intransparent erkannt worden. Gröblich benachteiligend, weil sie nicht nur eine Haftung für außergewöhnliche Kumulrisiken ausschließe, sondern für jede sonstige Rechtsstreitigkeit, die in einem wie auch immer gearteten Zusammenhang mit jeglicher Form von hoheitlicher Maßnahme steht. Ein derart weitreichender Risikoausschluss weiche von den berechtigten Erwartungen des Versicherungsnehmers ab und verstoße daher gegen § 879 Abs 3 ABGB.

Darüber hinaus wertete das Gericht die Klausel auch als intransparent, denn Inhalt und Tragweite der darin verwendeten Begriffe würden für den Durchschnittsverbraucher unverständlich bleiben. So sei etwa unklar, was unter einer "hoheitlichen Anordnung" zu verstehen ist und ob darunter nur Gesetze oder auch sonstige Akte der Gerichtsbarkeit, Verwaltung und Vollziehung und auch jene eines anderen Staates fallen.

Diese Unklarheit werde nicht dadurch beseitigt, dass es sich nach dem Wortlaut der Klausel um eine "Anordnung" handeln muss, die sich an eine nicht näher spezifizierte "Personenmehrheit" richte. Es bleibe nämlich offen, ob hier mehrere Personen konkret oder abstrakt betroffen sein müssen und ob darunter etwa auch Individualakte fallen, die jedoch gleichlautend in großer Zahl erlassen werden.

Auch der in der Klausel verwendete Begriff "Ausnahmesituation" sei unbestimmt, weil es an jeglicher Definition einer "Regelsituation" und der davon erforderlichen qualitativen und/oder quantitativen Abweichungen fehle. Das OLG Wien folgte der Rechtsauffassung des VKI und bestätigte das erstinstanzliche Urteil (des Handelsgerichts Wien) vollumfänglich.