Viele ORF-Stiftungsräte erheben sich gegen Westenthaler

Peter Westenthaler hat Gegenwind im obersten ORF-Gremium
Wenige Monate nachdem Peter Westenthaler von der FPÖ in den ORF-Stiftungsrat entsandt wurde, erhebt sich nun ein Großteil des obersten ORF-Gremiums gegen ihn.

30 von 35 ORF-Stiftungsräten werfen ihm, wie mehrere Medien berichten, in einem Schreiben vor, mit unternehmensschädigenden und herabsetzenden Aussagen seine gesetzlichen Pflichten als Stiftungsrat verletzt zu haben. Sie fordern den Kollegen auf, derartige weitere Aussagen öffentlich zu unterlassen.

ORF sei "Propagandamaschine"

In dem Brief sind mehrere Beispiele angeführt. So bezeichnete Westenthaler den ORF etwa als "Propagandamaschine". Das öffentlich-rechtliche Medienhaus operiere "unter dem Deckmantel der Unabhängigkeit", betreibe "parteipolitische Agitation". Zudem seien ORF-Stars international noch nicht einmal "Sternchen". Westenthaler solle sich über die rechtlichen Grundlagen und über die Folgen von Pflichtverletzungen informieren, legen ihm die Unterzeichner des Briefes nahe.

Westenthaler selbst will sich in einer Reaktion auf den Brief nicht den Mund verbieten lassen und steht zu jeder seiner Aussagen. Er wolle weiterhin seine Meinung kundtun und sich zu "Fehlentwicklungen" im ORF äußern.

Als einer von wenigen hat Heinz Lederer, SPÖ-"Freundeskreisleiter" im ORF-Stiftungsrat, den Brief nicht unterzeichnet. Gegenüber der APA erklärte er das damit, dass er eine andere Art der Auseinandersetzung suche. Von der Linie der FPÖ, die auf eine Zerstörung des ORF hinauslaufe, distanziere er sich klar. Auch erachte er die Aussagen von Westenthaler als problematisch. Doch sei ein Brief samt "versteckter Klagsdrohung" nicht der richtige Weg. Das oberste ORF-Gremium sei durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), wonach die Regierung bei der Besetzung zu viel Einfluss habe, ohnehin geschwächt. Wenn man sich nun noch nach außen als "Streithansln" darstelle, schade das dem ORF noch viel mehr. "Wenn wir auch nicht nur einen Kritiker mit internen Diskussionen in die Schranken weisen können, wie schwach ist dieses Gremium dann?", so Lederer, der sich als "Mann des Diskurses" bezeichnete.

Indes rückte auch der ORF-Redaktionsausschuss am Donnerstag aus, um vor einer Zerstörung des ORF zu warnen. Im Sinne des VfGH-Erkenntnisses müsse ein neues ORF-Gesetz politische Unabhängigkeit sicherstellen, forderten die gewählten Redaktionssprecherinnen und -sprecher aus allen ORF-Bereichen. Der VfGH hat der Regierung eine Frist bis März 2025 zur Reparatur des ORF-Gesetzes gegeben. Der ORF-Redaktionsausschuss warnte nun indirekt davor, dass die FPÖ für die Reparatur zum Zug kommen könnte. "In Österreich gibt es politische Kräfte, die den ORF in seiner jetzigen Form zerstören und nur einen sogenannten 'Grundfunk' übriglassen wollen", heißt es in einer Aussendung. Dazu hält die Redaktionsvertretung fest, dass der ORF ein Leitmedium mit den höchsten Vertrauenswerten im Land sei. 85 Prozent der Bevölkerung würden täglich Kontakt mit einem ORF-Angebot haben. Zudem fließen Hunderte Millionen Euro vom ORF in die heimische Filmwirtschaft, den Kulturbereich und den Sport. "Um ein Zerstören zu verhindern, appellieren wir an die Bundesregierung, die vom Verfassungsgerichtshof verlangte Reparatur des ORF-Gesetzes umzusetzen - mit einer echten Entpolitisierung der Gremien", so der Redaktionsausschuss.

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