APA - Austria Presse Agentur

Virtuelle Künstler*in La Turbo Avedon im MAK

La Turbo Avedon, Künstler*in hinter "Pardon Our Dust", ist - wenn am Mittwoch die Ausstellung im Wiener MAK öffnet - stets präsent. Doch steckt dahinter mehr, als zunächst anklingt: Denn La Turbo Avedon ist kein Mensch, sondern ein nichtbinärer Avatar, der nur in der virtuellen Welt anzutreffen ist. Naheliegend ist da das Thema der Sound- und Videoinstallation, die sich stetig wiederholt: Neue Entwicklungen des Internets und die Kurz- bzw. Langlebigkeit von Onlineinhalten.

Geboren wurde La Turbo Avedon 2008/2009 im Onlinecomputerspiel "Second Life". Wer dahintersteckt, sei ein gut gehütetes Geheimnis, sagte Kuratorin Marlies Wirth beim Presserundgang am Montag. Sie selbst habe über Discord mit dem Avatar kommuniziert. Seit der "Geburt" tritt La Turbo Avedon im Internet auf und kreiert etwa digitale Installationen, Simulationen und Performances, ist außerdem Urheber*in eines Spiegel-Emojis. Die Ästhetik lehnt sich dabei an Videospielumgebungen an - so auch bei "Pardon Our Dust", das für das Museum für angewandte Kunst entwickelt wurde und die erste Soloausstellung La Turbo Avedons in Österreich darstellt.

Schlagwörter wie Web3, NFT, Metaverse und Massive Multiplayer Online Game (MMO) sind da stets präsent, werden für weniger IT-affine Besucher aber auch eingangs auf einer Tafel erklärt. Web3, das sei "eine neue Generation des World Wide Web", der eine "Blockchain-Technologie" zugrunde liegt, steht da etwa. Löst man sich von der Lektüre, findet man sich in einem dunklen Raum mit sechs Bildschirmen wieder. Auf vieren sind tarotkarten-ähnliche Anblicke des Avatars - ein zierliches Gesicht mit blondem Kurzhaarschnitt, das sich mal weiblicher, mal männlicher präsentiert - zu sehen.

Auf dem fünften Bildschirm ist der Text des ohne Hilfsmittel schwer verständlichen Monologes von La Turbo Avedon zu lesen. Ein weiteres Hilfsmittel sind Zettel, auf denen der englische Text zu lesen ist - von einer Übersetzung habe man laut Wirth wegen der poetischen Natur des Monologes abgelassen. Auf dem größten, sechsten Bildschirm im Hintergrund sind changierende animierte Landschaften zu sehen, von amerikanischen Einfamilienhäusern bis hin zu einer nächtlich-verlassenen Tankstelle, der La Turbo Avedon den Namen des Flusses des Vergessens, Lethe, verlieh. Dazwischen stehen Sitzpolster bereit, die, so Wirth, zum Verweilen einladen; auch länger als die 11 Minuten, nach denen die Videos erneut starten.

"Have I loaded, once again / I could see it all reflecting back", startet der Monolog des Avatars. Dieser spiele damit auf die Auswirkungen der virtuellen Onlinepräsenz auf das physische Leben eines Menschen und umgekehrt an, erklärte Wirth. Die Botschaften sind vielfältig und nur schwer greifbar: Es finden sich auch Anspielungen auf Überwachung im Internetzeitalter, auf Privatisierung im digitalen Raum und auf Algorithmen - ein "Machine-Learning-Algorithmus" spuckt vorübergehend Bildsequenzen aus, die abstrakter Kunst ähneln.

An anderen Stellen weist La Turbo Avedon darauf hin, dass Inhalte auf sozialen Medien zwar kurzlebig wirken, es aber nicht unbedingt sind. "Is this right now / is this yesterday / today / tomorrow / forever / never", heißt es da etwa. "Das Internet vergisst nie", weiß Wirth, was wir von diesem Avatar noch lernen können.

(S E R V I C E - La Turbo Avedon: "Pardon Our Dust" vom 22. Juni bis zum 25. September im Museum für angewandte Kunst (MAK), Stubenring 5, 1010 Wien, geöffnet am Dienstag von 10 bis 21 Uhr und von Mittwoch bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr, https://mak.at/)