Voestalpine-Team im Rennen um Europäischen Erfinderpreis

Mit seinem Fertigungsverfahren ist Josef Faderl und sein Team im Rennen um begehrte Preise
Ein Team um den Physiker Josef Faderl (62) von der voestalpine ist für den Europäischen Erfinderpreis 2023 nominiert. Für die Entwicklung eines Werkstoffs und eines Fertigungsverfahrens zum Einsatz verzinkter Stahlbleche für höchstfeste Fahrzeugteile mit deutlich reduziertem Gewicht haben sie in der Kategorie "Industrie" die Chance auf die Auszeichnung, teilte das Europäische Patentamt (EPA) mit, das den Preis in mehreren Kategorien am 4. Juli vergibt.

Das Europäische Patentamt (EPO) verleiht seit 2006 jährlich den Europäischen Erfinderpreis in den vier Kategorien Industrie, Forschung, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Nicht-EPO-Länder. Heuer sind dafür insgesamt zwölf Personen bzw. Teams nominiert, die von einer Jury aus 600 Vorschlägen ausgewählt wurden. Dazu kommt ein Publikumspreis, über den per Online-Votum im Internet entschieden wird, sowie eine Auszeichnung für ein Lebenswerk. Mit dem Preis sollen "inspirierende und innovative Erfinder nicht nur für ihre Beiträge zum wissenschaftlichen und technischen Fortschritt" geehrt werden, sondern auch "für die Auswirkungen, die sie und ihre patentierten Erfindungen auf unser tägliches Leben haben".

Der in Steyr (OÖ) geborene Physiker Faderl arbeitet seit mehr als 30 Jahren bei der voestalpine, wo er eine Forschungs- und Entwicklungsgruppe im Stahlbereich leitet. Gemeinsam mit Siegfried Kolnberger, Thomas Kurz und Andreas Sommer hat er ein Fertigungsverfahren zur Herstellung von Fahrzeugteilen aus verzinktem pressgehärtetem Stahl entwickelt. Dabei werden die zunächst kaltgepressten Bauteile in einem Folgeschritt auf 900 Grad Celsius erhitzt und dann auf 70 Grad Celsius abkühlt und gehärtet. Das macht den Stahl EPO-Angaben zufolge bis zu sechsmal fester als konventionellen Stahl. Durch die deutlich höhere Festigkeit kann bei den Bauteilen erheblich an Gewicht eingespart werden.

Das Problem bei diesem Herstellungsverfahren war ursprünglich, dass Zink ab 900 Grad Celsius verdampft - auf diese Temperatur muss der Stahl für das Härten jedoch erwärmt werden. Firmenintern wurden die Erfolgsaussichten für eine Lösung dieses Problems ursprünglich auf nur zehn Prozent eingeschätzt. Doch Faderl und sein Team blieben hartnäckig und setzten ihre Tests fort. Für den Physiker sollte jede Theorie trotz anfänglicher Zweifel getestet werden: "Kreativität und kritisches Hinterfragen, sowie die Suche nach den Mechanismen dahinter sind unsere wichtigsten Erfolgsfaktoren", wird er in einer Aussendung des Patentamts zitiert.

Schließlich fanden die Forscher eine Lösung für das Problem und die feuerverzinkten, unter dem Handelsnamen "phs-ultraform" firmierenden Stahlbauteile gingen 2008 in Serie. Laut EPO werden jährlich weltweit über 30 Millionen Fahrzeugteile mit diesem - 2015 mit dem Österreichischen Staatspreis für Innovation ausgezeichneten Verfahren - gefertigt und die Leichtbauteile in mehr als fünf Millionen Fahrzeugen verbaut. Dadurch wird nicht nur der Kraftstoffverbrauch der Autos gesenkt. Weil weniger Stahl erforderlich ist, verursacht auch die Produktion weniger Emissionen. Zudem ist Stahl im Vergleich zu alternativen Materialien wie Aluminium oder Kohlefaser kostengünstiger, emissionsärmer und besser recycelbar.

Konkurrenten Faderls in der Kategorie "Industrie" sind ein finnisches Team, das ein Verfahren für die Umwandlung von Abfällen in erneuerbare Treibstoffe erfunden hat, sowie zwei belgische Forscher für die Entwicklung einer günstigen und umweltfreundlichen Herstellungsmethode für Biokunststoffe. In den anderen Kategorien sind u.a. australische Forscher für ein Gehirnimplantat für die Zwei-Wege-Kommunikation mit externen Geräten, ein französisches Team für eine sichere und effiziente Methode zur Speicherung von Wasserstoff oder ein italienischer Astrophysiker für seine Technologie zur Entfernung von Weltraummüll aus der Erdumlaufbahn nominiert. Die Gewinner werden bei einer Zeremonie am 4. Juli in Valencia (Spanien) vergibt.

(SERVICE - Internet: https://new.epo.org/; Verleihung des Europäischen Erfinderpreises, 4. Juli, 12.00 Uhr, online: http://go.apa.at/7iZP4f6u)

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