APA - Austria Presse Agentur

Volkshilfe und Kirche fordern die Aufnahme von Geflüchteten

KirchenvertreterInnen, Hilfsorganisationen sowie Teile der Grünen und der SPÖ haben am Sonntag angesichts der immer dramatischeren Lage in den griechischen Flüchtlingslagern auf Lesbos dazu aufgerufen, dass Österreich von dort Flüchtlinge aufnimmt.

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Franz Lackner, sagte in der ZiB2, es bahne sich kurz vor Weihnachten eine "Katastrophe" an. Volkshilfe-Präsident Sacher appellierte an Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), "Menschlichkeit" zu zeigen.

Salzburgs Erzbischof Lackner sagte am Sonntagabend im ORF, es gelte nun vor allem Familien mit Kindern aufzunehmen. "Es ist jetzt wichtig, dass das auch von Österreich getan wird", betonte er. Hilfe sei nun "mehr als notwendig". Alle internationalen Instanzen seien aufgefordert, zu helfen. Vor Ort sei es notwendig, "dass die Flüchtlingslager von den Inseln wegkommen, aufs Festland kommen". Denn derzeit passierten dort schreckliche Dinge, Kinder würden im Schlamm leben und auch die ansässige Bevölkerung sei überfordert.

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Österreich habe zwar schon viel getan, sagte Lackner mit Blick auf die Hilfsgüter-Lieferungen im September nach dem verheerenden Brand im Flüchtlingslager Moria Anfang September. "Jetzt scheint mir aber der Moment gekommen zu sein, wo vor allem Familien mit Kindern von dort aufgenommen werden."

Darauf angesprochen, dass sich die ÖVP als christliche Partei derzeit einer Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland verschließt, sagte Lackner, er wolle "niemanden ins Gewissen reden oder das Gewissen absprechen". Er wolle aber "bitten, auffordern, jetzt, vor Weihnachten so einen Akt zu setzen, der mehr als notwendig ist, und nicht nur ein Akt der Barmherzigkeit".

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Noch schärfere Worte fand zuvor Volkshilfe-Präsident Sacher, der die Regierung zum Handeln aufforderte. Die Umstände auf den Inseln bezeichnete er als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit". An Bundeskanzler Kurz appellierte er, "seine Haltung zu ändern, Menschlichkeit zu zeigen und den verzweifelten Menschen in Griechenland zu helfen." Die Zustände in den Lagern seien "unerträglich". "Welche hässlichen Bilder über die menschenunwürdigen Zustände in den Lagern müssen uns denn noch erreichen, wie viele Meldungen von vergewaltigen Dreijährigen braucht es denn noch, bis die österreichische Bundesregierung endlich handelt?", fragte er in einer Aussendung.

"Niemand, der ein Herz hat, kann hier länger zuschauen. Beten und das Weihnachtsfest feiern und die Menschen und die vielen Kinder dort in der Nässe und Kälte liegen lassen, das passt nicht zusammen. Da helfen auch keine Alibiaktionen", so Sacher mit Blick auf den am Vortag von der Regierung angekündigten Plan, mit dem SOS Kinderdorf eine Tagesbetreuungsstätte für rund 500 Kinder auf der griechischen Insel zu schaffen. In der Volkshilfe würden jedenfalls "viele Plätze zur Betreuung von schutzsuchenden Menschen" leerstehen, es bestehe "jede Menge Know-how und ein dichtes Netzwerk an bereitwilligen Menschen, die helfen wollen".

Harsche Kritik am Plan der Bundes-ÖVP, Hilfe ausschließlich vor Ort zu geben, kam in einer Presseaussendung auch von den Salzburger Grünen. "Die Zustände im Lager sind katastrophal", sagte Landessprecher Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn. Gemeinsam mit der Salzburger Stadträtin und Parteikollegin Martina Berthold forderte er die Aufnahme von Geflüchteten aus dem Lager Kara Tepe auf Lesbos. Sie verwiesen dabei auf 270 Grundversorgungsplätze, die in Salzburg aktuell leer stehen würden. "Bald wird die Weihnachtsgeschichte vom Neugeborenen, das auf Stroh gebettet wurde, wieder erzählt. Und gleichzeitig liegen im griechischen Lager Kara Tepe Neugeborene in den Notzelten auf dem kalten, nassen Erdboden", wird Berthold zitiert.

Und auch der niederösterreichische SPÖ-Vorsitzende, Landeshauptfrau-Stellverteter Franz Schnabl, griff das Thema auf und richtete einen "dramatischen Appell" an die ÖVP Niederösterreich: "Holen wir die Kinder raus", so seine Forderung. "Niederösterreich darf nicht zusehen und sich mitschuldig machen. Setzen wir 'gemeinsam' ein Zeichen der Menschlichkeit und geben wir zumindest 100 Kindern eine sichere und menschenwürdige Unterkunft in unserem Bundesland", pochte Schnabl darauf, sich nicht der humanitären Verantwortung zu entziehen.

"Wir müssen sie aus dieser Hölle befreien. Die Zelte sind nicht winterfest und nach fürchterlichen Regenfällen liegen die Kinder am kalten, nassen Boden", betonte auch er. Zudem berichteten vor Ort im Einsatz befindliche Ärzte, dass die am häufigsten zu versorgenden Verletzungen Rattenbisse seien, weil Kinder im Schlaf angebissen werden würden", unterstrich Schnabl die Dringlichkeit, kurz vor dem "Fest der Nächstenliebe" auch "Menschenliebe" zu zeigen.