APA - Austria Presse Agentur

Vor 25 Jahren wurde 0,5-Promille-Grenze eingeführt

Am 6. Jänner 1998 ist in Österreich nach jahrelanger Diskussion die Grenze für das Lenken von Fahrzeugen von 0,8 auf 0,5 Promille herabgesetzt worden. Im Jahr 1998 gab es noch 2.217 Alkoholunfälle auf Österreichs Straßen, bei denen 82 Menschen getötet und 3.113 verletzt wurden. Genaue Daten für 2022 liegen noch nicht vor, aus der vorläufigen Statistik des Innenministeriums heißt es, dass Alkoholisierung 2022 bei 18 der tödlichen Unfälle (5,2 Prozent) gegeben war.

2021 gab es 2.348 Alkohol- und Drogenunfälle, womit 7,2 Prozent aller Unfälle in diese Gruppe fielen. Dies war ein deutlicher Anstieg gegenüber 2020 mit insgesamt 2.081 Alkoholunfällen und entsprach dem höchsten Anteil an Alkoholunfällen seit der elektronischen Unfallerfassung 1992, berichtete die Statistik Austria. Das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) hat sich auch den Alkoholisierungsgrad angesehen. Mehr als die Hälfte der Alkoholunfälle werden von Lenkern und Lenkerinnen mit mehr als 1,2 Promille verursacht. 2021 hatten bei Alko-Unfällen 33,86 Prozent mehr als 1,6 Promille, 18,5 Prozent einen Wert zwischen 1,2 und 1,6 Promille. Zwischen 0,5 und 0,8 Promille reihten sich 10,3 Prozent der Beteiligten an Alkoholunfällen ein.

Auffallend ist laut Armin Kaltenegger, Leiter des Fachbereichs Recht und Normen im KFV, dass die Unfälle von Alkolenkern mit niedrigem Alkoholisierungsgrad seit 2012 abgenommen haben. Bei schwer alkoholisierten Lenkern zeigt sich hingegen keine Abnahme, sondern sogar eine leichte Zunahme. Wurden 2012 noch 778 Unfälle von Verkehrsteilnehmern mit mehr als 1,6 Promille verursacht, waren es 2021 insgesamt 795 Unfälle. Im Vergleich dazu wurden 2012 insgesamt 290 Verkehrsunfälle von Betrunkenen mit 0,5 bis 0,8 Promille ausgelöst, 2021 waren es dann 242 mit diesem Alkoholisierungsgrad. Der Blick auf die Statistik zeigt auch, dass Unfälle deutlich häufiger von stärker alkoholisierten Personen, also mit über 1,2 Promille, verursacht werden. Im Vorjahr wurden außerdem 343 Unfälle von Verursachern mit 0,8 bis 1,2 Promille und 544 von Personen mit 1,2 bis 1,6 Promille ausgelöst.

Das deutet darauf hin, dass stark alkoholisierte Lenker eher wenig Einsicht zeigen. Den starken Trinkern und Trinkerinnen ist die Grenze sozusagen eher egal. Deren Trinkverhalten ändert sich offenbar auch bei einer Senkung der Promillegrenze nicht. "Bei denen hilft es nicht mehr, zu kontrollieren, bei denen muss es faktisch unmöglich sein, dass sie ein Fahrzeug starten können", sagte Kaltenegger. Er forderte für diese gefährliche Minderheit der unbelehrbaren Lenker die Einführung von "Alkoholwegfahrsperren" bzw. "Alkolocks". Alkoholwegfahrsperren sind deshalb so effektiv, weil sie Alkofahrten bereits im Vorfeld verhindern und nicht erst im Nachhinein bestrafen.

Alkolocks hat es in Österreich bereits gegeben. Am 1. September 2017 trat das Alternative Bewährungssystem (ABS) - befristet auf fünf Jahre - in Kraft: Personen, denen die Lenkerberechtigung aufgrund eines Alkoholdelikts für mindestens vier Monate entzogen wurde, bekamen die Möglichkeit, durch die Teilnahme an diesem Pilotprojekt und den Einbau einer Alkoholwegfahrsperre im Auto ihren Führerschein der Klasse B (und BE) schneller als ursprünglich vorgesehen zurückzuerhalten. Auf diese Weise sollten Fahrten unter Alkoholeinfluss und zugleich der Verlust des Arbeitsplatzes wegen eines Entzugs des Führerscheins verhindert werden. 655 Männer und 98 Frauen nahmen am Pilotprojekt des Samariterbundes teil. Das Bewährungssystem für Alko-Lenkerinnen und -Lenker wurde im Vorjahr jedoch vom Verkehrsministerium ersatzlos gestrichen.

Der Senkung der Promillegrenze im Jahr 1998 war eine jahrelange Diskussion vorangegangen, erst ein schwerer Alkoholunfall brachte die Änderung. Das KFV hatte dies bereits Jahre vor der Begrenzung auf 0,5 Promille gefordert. 1992 gab es dafür unter anderem vom damaligen Nationalratspräsidenten und späteren Bundespräsidenten Heinz Fischer Unterstützung, ebenso vom damaligen Verkehrsminister Viktor Klima (SPÖ). Bereits 1993 sprach sich in einer Umfrage jeder zweite Österreicher für die 0,5-Promille-Grenze aus. 1994 bekundete unter anderem der damalige Verkehrssprecher der Grünen, Rudi Anschober, dass er für die Herabsetzung der Promille-Grenze sei. Der SPÖ-Koalitionspartner ÖVP war dagegen.

1997 kam die Debatte um die Promille-Senkung erneut auf. Wieder sprach sich ein SPÖ-Verkehrsminister - damals Caspar Einem - dafür aus. Ebenso war die Mehrzahl der EU-Staaten damals dafür. Doch erst der tragische Tod von drei Schülern führte zur Absenkung von 0,8 auf 0,5 Promille. Mitschüler aus Baden, die ihre drei Kollegen bei einem Verkehrsunfall mit einem alkoholisierten Autolenker verloren hatten, haben den Umdenkprozess wesentlich beschleunigt. Sie initiierten unter anderem eine Kundgebung vor dem Parlament. "Kaum eine verkehrsrechtliche Norm sorgte für mehr Turbulenzen bei ihrer Einführung als diese Alkoholgrenze", erinnerte sich Kaltenegger zurück. Erst im dritten Anlauf innerhalb von drei Jahren wurde am 12. Dezember 1997 im Nationalrat eine entsprechende Gesetzesänderung mit klarer Mehrheit von SPÖ, ÖVP, Liberales Forum (LIF) und den Grünen beschlossen. In den Jahren davor waren zwei Versuche, die Promillegrenze zu senken, an der ÖVP-FPÖ-Mehrheit gescheitert.

Die Diskussion über die Promille-Senkung hatte allerdings auch Auswirkungen. "Eine Generalprävention tritt sehr oft vor dem offiziellen Inkrafttreten des Gesetzes ein", sagte Kaltenegger. Er betonte, dass der Unterschied bei der Alkoholisierung zwischen 0,5 und 0,8 Promille entscheidend sei, "die Beeinträchtigung nimmt dramatisch zu". Die Anzahl der Schäden an unbeteiligten Personen sei bei Alkoholunfällen besonders groß, betonte Kaltenegger. Er erinnerte an den tödlichen Verkehrsunfall am Wiener Gürtel, wo erst vergangene Woche ein alkoholisierter 25-Jähriger einen Fußgänger auf dem Gehsteig erfasste. Der 47-jährige Passant wurde tödlich verletzt. Der 25-Jährige hatte 0,5 Promille.

Betrunken Autofahren war in Österreich bis Ende der 1950er-Jahre überhaupt verbreitet und akzeptiert. Erst ab dem Jahr 1955 war in Österreich die Möglichkeit geschaffen worden, eine Lenkberechtigung bei beeinträchtigter Fahrtüchtigkeit zu entziehen. Klare Grenzen folgten ab dem Jahr 1961 mit der Etablierung der 0,8 Promille. Für Radfahrer gilt nach wie vor die 0,8-Promille-Grenze.