APA - Austria Presse Agentur

Vor einem Jahr erster Corona-Fall in Italien gemeldet

Vor einem Jahr hat das Coronavirus SARS-CoV-2 Italien erreicht. Ein aus Wuhan nach Italien gereistes chinesisches Touristenpaar schleppte unerkannt die Infektion ein.

Der 66-jährige Biochemiker und seine 65-jährige Frau wurden am 30. Jänner 2020 mit Corona-Symptomen ins römische Krankenhaus Spallanzani eingeliefert. Die Regierung in Rom verhängte den Ausnahmezustand. Italien versank im Corona-Notstand - ein Albtraum, aus dem das Land immer noch nicht erwacht ist. Das chinesische Ehepaar war bereits einige Tage mit einer Touristengruppe in Italien unterwegs, bevor es in Rom ins Spital eingeliefert wurde. Zwölf Teilnehmer der selben Reisegruppe, sowie Mitarbeiter des Hotels, in dem das Paar in Rom übernachtet hatte, wurden untersucht. Das Hotel wurden geschlossen. Sechs Monate lang blieb das chinesische Paar zur Behandlung in der italienischen Hauptstadt, bevor es genesen war und nach einer längeren Rehabilitationsphase wieder in die Heimat zurückkehren konnte.

Noch am selben Tag der Einlieferung der beiden Chinesen ins Spital wurde der Flugverkehr zwischen Italien und China ausgesetzt. Italien war somit das erste Land in der EU, das diese Maßnahme ergriff. Davor hatte sich ein Coronavirus-Verdacht auf einem Kreuzfahrtschiff nicht bestätigt. Rund 6.000 Passagiere - darunter 37 Österreicher - waren stundenlang auf der "Costa Smeralda" im Hafen der Stadt Civitavecchia bei Rom festgehalten worden, bis ein Test Entwarnung gab.

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Die italienische Regierung rief am 31. Jänner als erstes EU-Land den nationalen Ausnahmezustand aus. Darauf basieren mehrere Verordnungen, die die Regierung zum Schutz der öffentlichen Gesundheit ergriffen hat, darunter auch den komplette Lockdown am 9. März, der 40 Tage lang in Kraft blieb. Der Ausnahmezustand wurde mehrmals von der Regierung um Premier Giuseppe Conte verlängert.

Mit der Ausrufung des Ausnahmezustands versank Italien in einen Corona-Notstand, für den immer noch kein Ende in Sicht ist. 87.000 Todesopfer wurden inzwischen gemeldet, 2,5 Millionen Menschen infizierten sich bisher mit dem Coronavirus. Besonders betroffen waren die Lombardei und deren Provinzen Bergamo und Brescia, die immer noch mit Teil-Lockdowns konfrontiert sind.

Die Regierung verabschiedete mehrere Hilfspakete zur Stützung der von der Krise am schwersten getroffenen Wirtschaftssektoren. Um seine Maßnahmen durchzubringen, griff Regierungschef Giuseppe Conte dank des Ausnahmezustands auf Verordnungen zurück, die nicht vom Parlament gebilligt werden mussten. Damit zog er sich viel Kritik seitens der Opposition zu. Immer wieder wurde der Conte beschuldigt, im Alleingang oder mithilfe von Taskforces, die er selbst beauftragt hatte, seine Beschlüsse umzusetzen und dabei das Parlament auszuschließen.

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Im Juli errang Conte beim EU-Gipfel in Brüssel einen historischen Sieg. Trotz des Widerstands der "Sparsamen Vier", zu denen auch Österreich gehörte, erreichten die EU-Mitgliedsstaaten eine Einigung über das gewaltige EU-Wiederaufbauprogramm "Recovery Fund": Mehr als 200 Milliarden Euro sollen zur Finanzierung des wirtschaftlichen Neustarts nach Italien wandern. Ende Oktober begann eine zweite Corona-Infektionswelle. Italien führte das sogenannte Ampelsystem mit auf regionaler Basis bestimmten Anti-Covid-Maßnahmen ein, das immer noch in Kraft ist und inzwischen in den Regionen auf Kritik stößt.

Vor zwei Wochen eskalierte ein Streit zwischen den Kleinpartei Italia Viva und Premier Conte wegen Differenzen über das milliardenschwere Corona-Hilfsprogramm, den "Recovery Plan". Italia Viva trat aus dem Koalitionsbündnis aus. Zwar überstand der Premier vergangene Woche eine Vertrauensabstimmung im Parlament, im Senat verfügt er jedoch nur über eine hauchdünne Mehrheit, die ihm das Regieren nicht ermöglicht. Aus Sorge über eine Niederlage bei einer geplanten Abstimmung über die Justizpolitik trat Conte zurück. Seitdem führt das Staatsoberhaupt Sergio Mattarella politische Konsultationen für den Aufbau einer neuen Regierung. Der Corona-Notstand vermischt sich jetzt mit einer Regierungskrise, die Italien ein Jahr nach Ausbruch der Epidemie in einer noch trüberen Stimmung versinken lässt.