APA - Austria Presse Agentur

Warum ein Burn-out so gefährlich ist

Erstmals gibt es aus einer repräsentativen Umfrage konkrete Zahlen zum Burn-out in Österreich.

Für dich ausgesucht

Burn-out, also "totale Erschöpfung", ist in wesentlichen Merkmalen fast ident mit der Arbeitssucht, für welche wiederum ganz ähnliche Kriterien gelten wie für eine Substanzabhängigkeit. Dies erklärte Michael Musalek, Ärztlicher Leiter des Anton Proksch Instituts, bei den Österreichischen Ärztetagen in Grado.

Eine repräsentative Umfrage hat laut Musalek erstmals für Österreich unter rund 1.000 Erwachsenen beiderlei Geschlechts seriös die Häufigkeit von Burn-out belegt. Demnach sind 52 Prozent als gesund zu betrachten. 19 Prozent befinden sich in einem frühen "Problemstadium" dieser Störung. 17 Prozent sind in einem "Übergangsstadium" (Stadium II), schließlich acht Prozent im Stadium III, also krank. Vier Prozent der Bevölkerung seien schließlich "rein depressiv". Depressionen können ein Teil von Burn-out sein, aber das ist nicht das Gleiche, weil es Depressionen auch aus anderen Ursachen gibt.

Erstmals als entsprechende Identität im Rahmen von psychischen Belastungen beschrieben wurde das Burn-out durch "totale Erschöpfung", "Zynismus bzw. Entfremdung von Arbeit, Personen der Umwelt und sich selbst sowie einem deutlichen und anhaltenden Leistungsknick gekennzeichnete Zustand erstmals durch den aus Frankfurt am Main stammenden und in die USA emigrierten Psychiater und Psychoanalytiker Herbert Freudenberger im Jahr 1974. "Freudenberger war selbst betroffen", sagte Musalek. "Wer das hat, der hat ein Problem."

Hinzu kamen die Arbeiten der kalifornischen Psychologin Christina Maslach (Universität von Kalifornien/Berkeley). Sie definierte Umstände, welche im Arbeitsleben zum Burn-out führen können: darunter Überlastung, Desorganisation im Arbeitsumfeld, mangelnde Anerkennung und Belohnung, "toxisches Arbeitsklima" und mangelnde Fairness.

Während im Stadium I des Burn-out (Problemstadium) die Überlastung vom Betroffenen zumeist unerkannt bleibt, wird das im Stadium II (Übergangsstadium) zwar erkannt, aber mit einer völligen Zentrierung auf die Arbeit beantwortet. Aus Reizbarkeit wird ständige Gereiztheit, erklärte der Psychiater. Das Hochfahren aller emotionalen und physischen Systeme führt zu Hypertonie und anderen körperlichen Symptomen, aber auch zu sozialer Isolation. Der Zusammenbruch der Überaktivierung im Stadium III (Krankheit) bewirkt schließlich die völlige Erschöpfung, Arbeitsunfähigkeit, Depressionen etc.

"Das alles kann man nicht 'simulieren'. Da müssen Sie zehn Jahre lang zu viel arbeiten. Da müssen Sie ihre Beziehung zerstörten. Es gibt kein Burn-out zwischen 10.00 Uhr und 18.00 Uhr", betonte Musalek und wandte sich damit gegen Ansichten, die immer wieder von "Simulantentum" sprechen.

Die Zentrierung auf die Arbeitswelt kann auch in der Form der Arbeitssucht eine dem Burn-out ähnliche Erscheinung psychischer Probleme darstellen. Die Konsequenz kann auch ein Burn-out sein.

"Jedes Suchtmittel ist großartig. Es hat eine große Attraktivität. Das gilt auch für solche Verhaltenssüchte. Wer die Arbeit nicht mag, ist nicht gefährdet", sagte der Experte. Problematisch werde es, wenn die Arbeit sprichwörtlich "kein Ende" mehr kenne. Oft seien überzogene Ansprüche an das Selbst der Ausgangspunkt. "Letztlich überfordern wir uns selbst."

Arbeitssucht unterscheidet sich laut Musalek nicht von der Abhängigkeit von Substanzen wie Alkohol, Kokain, Heroin oder Psycho-Medikamenten: Craving (starker Wunsch/Zwang nach Konsum), Kontrollverlust als zentrales Merkmal, körperliche und psychische Abhängigkeit, Toleranzentwicklung und Entzugssyndrom "Absetzen" der Droge.

Im Endeffekt aber dürften sowohl Burn-out als auch Arbeitssucht - wiederum wie andere Abhängigkeiten - in meisten Fällen nicht die Ursache, sondern die Folge anderer psychischer Störungen und Erkrankungen sein: von Depressionen, Angststörungen, Persönlichkeitsstörungen etc. Diese lassen offenbar erst die Problematik von Suchtmitteln oder Substanzunabhängigen Abhängigkeiten aufkommen.