APA - Austria Presse Agentur

Weibliche "Aufbrüche" in der Landesgalerie Niederösterreich

Einen zeitlichen Lückenschluss zwischen den Ausstellungen "Stadt der Frauen", die 2019 im Belvedere 60 Künstlerinnen in Wien von 1900 bis 1938 zeigte, und der laufenden Lentos-Ausstellung in Linz über die Aufbrüche der "Feministischen Avantgarde" der 1960er-Jahre leistet ab morgen die Landesgalerie Niederösterreich in Krems: In "Aufbrüche. Künstlerinnen des Art Club" geht es um den Neubeginn nach 1945.

Freiheit und Internationalität waren die wesentlichen Begriffe des 1947 gegründeten "Internationalen Art Club Wien", in dem nach jetzigem Recherchestand 52 Künstler und zwölf Künstlerinnen organisiert waren. Wirklich gesicherte Unterlagen darüber gibt es jedoch nicht, obwohl der Art Club damals ein eigenes Büro im Wiener Konzerthaus betreiben durfte. "Es war ein disparates, völlig verrücktes Gebilde. Die Leute sind aus- und eingetreten, waren zerstritten und haben einander öffentlich geohrfeigt. Eine irre Geschichte", erzählte Brigitte Borchhardt-Birbaumer, die zusammen mit dem scheidenden Landesgalerie-Chef Christian Bauer die Ausstellung kuratierte, bei der heutigen Presseführung.

Umso stolzer ist man in Krems, dass es im Zuge der Arbeiten gelungen ist, "ein wesentliches Kapitel der österreichischen Kunstgeschichte im transdanubischen Dialog" (Bauer) zu schließen: Leben und Werk von Marcia Hopman, von der man kaum mehr wusste als ihren Namen, konnten erschlossen werden. "Dass uns das gelungen ist, ist unser großer Trumpf", freute sich Borchhardt-Birbaumer. Besonders bitter: Ausgerechnet Hopmans Werke haben es nicht rechtzeitig nach Europa geschafft und sind vorerst nur in Reproduktionen und einer Slide-Show zu sehen.

Doch auch so gibt es Exponate in Hülle und Fülle. Große Schwerpunkte legt die bis 6. März laufende und über zwei Etagen gehende Ausstellung auf die Keramik- und Webkünstlerin Maria Biljan-Bilger, auf Susanne Wenger, die in den 50er-Jahren nach Nigeria ging und jahrzehntelang an der Rekonstruktion des Heiligen Hains von Oshogbo arbeitete, der 2005 zum Weltkulturerbe erhoben wurde, und auf Maria Lassnig. Ihre 1952 bestrittene Einzelausstellung im Strohkoffer, einem mit Schilfmatten des Neusiedlersees ausgelegten Kunstraum unterhalb der Loos-Bar, wird in der Ausstellung mit Werken aus der Lassnig-Stiftung und aus Privatsammlungen annähernd rekonstruiert.

Daneben sind viele weitere Künstlerinnen wie Gerhild Diesner, Greta Freist, Johanna Schidlo, Hilda C. Polsterer oder Grete Yppen zu entdecken. Dass diese in der Regel deutlich älter waren als ihre männlichen Künstlerkollegen wie die Teenager Ernst Fuchs, Arik Brauer, Wolfgang Hutter und Friedensreich Hundertwasser soll für beide Teile sehr anregend gewesen sein, wurde von den Kuratoren ebenso hervorgehoben wie das Bestreben des Art Club, sich unter dem Vorsitz von Albert Paris Gütersloh weltanschaulich wie künstlerisch von den Jahren der Nazidiktatur deutlich abzuheben.

Am heutigen Abend wird in Krems noch eine zweite Ausstellung eröffnet: Das Forum Frohner widmet sich in der Schau "Park Seo-Bo und Adolf Frohner. Paris 1961" einer besonderen Künstlerfreundschaft. Der aus Korea stammende Künstler und der drei Jahre jüngere Österreicher lernten einander in Paris kennen und kamen einander trotz der Sprachbarriere sehr nahe, wie auch ein berührender Brief belegt, den der Koreaner 2007 an die "widowed Lady of Adolf Frohner" richtete und in der Ausstellung ebenso zu sehen ist wie frappant an Jakob Gasteiger erinnernde, gefurchte Bilder. Diese kämen jedoch über eine völlig andere Arbeitsweise zustande, erläuterte Elisabeth Voggeneder, die künstlerische Direktorin des Forum Frohner und Kuratorin der Ausstellung, die über Gasteiger ihre Diplomarbeit verfasst hatte. Der 89-jährige Park Seo-Bo freue sich sehr über die Ausstellung, könne aber derzeit nicht nach Europa reisen, sagte sie. Dasselbe gilt übrigens für seine Werke. Glücklicher Weise ist seine Pariser Galerie helfend eingesprungen.

(S E R V I C E - "Aufbrüche. Künstlerinnen des Art Club", Ausstellung in der Landesgalerie Niederösterreich, Krems, Museumsplatz 1, 16. Oktober bis 6. März 2022, Katalog: 180 Seiten, 19,90 Euro; "Park Seo-Bo und Adolf Frohner. Paris 1961", Ausstellung im Forum Frohner, Krems-Stein, Minoritenplatz 4, 16. Oktober bis 3. April 2022; www.kunstmeile.at; www.lgnoe.at)