APA - Austria Presse Agentur

Wieder Geplänkel Moskau-Kiew über Friedensverhandlungen

Eine russische Delegation ist nach Kreml-Angaben für Verhandlungen mit der Ukraine nach Belarus gereist. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich aufgeschlossen für Verhandlungen. Allerdings lehnte er Gespräche in Belarus ab. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) aufgefordert, Österreich als Ort für Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine anzubieten.

"Gemäß der getroffenen Vereinbarung" seien Vertreter von Außen-, Verteidigungsministerium sowie der russischen Präsidialverwaltung in der Stadt Gomel eingetroffen, sagte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin, Dmitri Peskow, am Sonntag der Agentur TASS zufolge. "Wir sind bereit, diese Verhandlungen in Gomel zu beginnen."

Das Land beteilige sich an Kampfhandlungen gegen die Ukraine, sagte Selenskyj zur Begründung seiner Ablehnung. Er sei offen für alle Orte, "von denen aus keine Raketen auf die Ukraine geschossen werden". Er habe Warschau, Budapest, Istanbul und Baku als Verhandlungsstädte vorgeschlagen. Ein Berater Selenskyjs hatte die russischen Angaben als Taktik zurückgewiesen.

Der russische Delegationsleiter Wladimir Medinski stellte den Ukrainern ein Ultimatum. Er werde bis 15.00 Uhr (Ortszeit, 13.00 Uhr MEZ) in Gomel auf sie warten, sagte er. Der russische Parlamentspräsident Wjatscheslaw Wolodin forderte Selenskyj auf, jede Möglichkeit zu Verhandlungen wahrzunehmen.

Der Kreml teilte zudem weiter mit, eine Delegation sei bereits am Freitag zu Verhandlungen in die belarussische Hauptstadt Minsk gereist. Die ukrainische Seite habe sich aber nach einer Pause nicht mehr gemeldet. Daraufhin seien die Angriffe in der Ukraine wieder aufgenommen worden.

Russland will dem Kreml zufolge freilich seinen Krieg gegen die Ukraine trotz möglicher Verhandlungen mit dem Nachbarland fortsetzen. "Wir haben die ukrainische Seite gewarnt, dass die Militäroperation dieses Mal nicht ausgesetzt wird, wie es gestern geschehen ist", stellte Putin-Sprecher Peskow klar.

Russland und die Ukraine hatten bereits am Freitag mögliche Verhandlungen über ein Ende des Krieges ausgelotet. In dieser Zeit hatte der russische Präsident Wladimir Putin nach Darstellung des Kreml den weiteren Vormarsch vorübergehend ausgesetzt.

Über mögliche Friedensverhandlungen gab es am Freitag ein regelrechtes Geplänkel zwischen Kiew und Moskau. Während Russland seinen Angriffskrieg führt, wurden zwar Gesprächsangebote gemacht - freilich mit für die jeweils andere Seite inakzeptablen Vorschlägen für Verhandlungsorte: So sprach sich Moskau für die belarussische Hauptstadt Minsk aus, Kiew brachte die polnische Hauptstadt Warschau ins Spiel. Für die Ukraine ist Minsk nicht hinnehmbar, greift Russland das Land doch auch vom Verbündeten Belarus aus an. Polen wiederum ist ein NATO-Staat, und Russland geht es beim Krieg u.a. darum, eine Aufnahme der Ukraine in die transatlantische Verteidigungsallianz zu unterbinden. Die Debatte mündete in gegenseitige Vorwürfe.

SPÖ-Bundesvorsitzende Pamela Rendi-Wagner forderte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) auf, Österreich als Ort für Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine anzubieten: "Österreich kann aktiven Beitrag zum Frieden in der Ukraine leisten. Als neutraler Ort des Dialogs hat sich unser Land in der Geschichte oft bewährt. Ich appelliere an den Bundeskanzler, Österreich als Ort für echte Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland anzubieten", twitterte sie am Sonntag.

Der italienische Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi forderte die EU und die NATO auf, die frühere deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel als Vermittlerin im Ukraine-Krieg einzusetzen. Die 67-Jährige könne als eine der wenigen mit Russlands Präsident Wladimir Putin auf Augenhöhe verhandeln, sagte der Politiker der Tageszeitung "La Stampa" (Sonntag). "Sie ist die einzige, die in Moskau, Washington und allen Hauptstädten reden kann und gehört wird. Wollen wir sie im Ruhestand lassen, während die Welt in Trümmern geht? Soll das ein Witz sein?" Die CDU-Politikern Merkel hatte in ihrer 16-jährigen Amtszeit als Kanzlerin oft mit Putin gesprochen und gilt als Kennerin des Kreml-Chefs.