APA - Austria Presse Agentur

Wiederaufbau orientiert sich an UNO-Nachhaltigkeitszielen

Österreich will sich beim Wiederaufbau nach der Coronakrise an den UNO-Nachhaltigkeitszielen (SDG) orientieren. Dies betonte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Mittwoch in einer Videobotschaft für eine Tagung von "SDGWatch Austria", einem Zusammenschluss von mehr als 200 zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für eine Umsetzung der UNO-Ziele einsetzen.

Der Ministerrat habe am heutigen Mittwoch den ersten nationalen Fortschrittsbericht zur Umsetzung der UNO-Nachhaltigkeitsziele beschlossen, berichtete Gewessler. Sie betonte, "dass sich alle Bemühungen zum Wiederaufbau an den Zielen der Agenda 2030 orientieren müssen".

In dem 120 Seiten Bericht legt Österreich gegenüber den Vereinten Nationen offen, wo es bei der Umsetzung der bis zum Jahr 2030 zu erreichenden 17 Ziele steht. Sie reichen von der Armutsbekämpfung über Bildung, Gesundheit, Arbeit bis zu nachhaltigem Wirtschaftswachstum und Klimaschutz. Anders als ihre Vorgänger, die "Millennium"-Entwicklungsziele, gelten die SDG nicht nur für die Entwicklungs- und Schwellenländer, sondern für alle 193 UNO-Mitglieder.

Der nationale Fortschrittsbericht nennt die Digitalisierung, Frauen und junge Menschen sowie den Klimaschutz als Prioritäten. In diesem Zusammenhang betont die türkis-grüne Regierung ihre "Entschlossenheit", eine ökosoziale Steuerreform umzusetzen, einen Plan zum Ausstieg aus fossiler Heizungstechnologie zu präsentieren und bis zum Jahr 2040 Klimaneutralität zu erreichen.

"Die Klimakrise, das Artensterben, die Auswirkungen sozialer Ungerechtigkeit: All das macht keine Pause", sagte Gewessler mit Blick auf die derzeit die politische Agenda immer noch bestimmende Coronakrise. Auf dem Weg aus dieser Krise brauche es "eine andere Politik". Es brauche "Solidarität statt jeder für sich", Regionalität sowie "ein starkes solidarisches Europa, das auch wieder Produktionsstandort ist". Die UNO-Entwicklungsziele sollen hierbei "ein Kompass sein".

"Weitermachen wie bisher ist keine Option", betonte in ihrem Onlinereferat auch die Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung, Agnes Vilim. Sie präsentierte dramatische Zahlen zu den erwarteten Auswirkungen der Coronakrise auf die Entwicklungsländer. So könnten in Afrika die Hälfte aller Arbeitsplätze verloren gehen und 500 Millionen Menschen zusätzlich verarmen. Die Zahl der Menschen, die mit weniger als 1,6 Euro pro Tag auskommen müssen, werde auf über eine Milliarde steigen. Die so entstehende Armut sei auch "ein ziemliches Sicherheitsrisiko", weil sie einen Nährboden für Konflikte und Terrorismus darstelle, mahnte Vilim. Nun gelte es, "die Welt besser als vorher wieder aufzubauen, klimaneutraler, fairer und sozialer als zuvor", forderte sie etwa Schuldenerlässe, eine faire Handelspolitik und Abkommen für eine faire Besteuerung.

Die Linzer Entwicklungsforscherin Karin Fischer betonte, dass die Entwicklungsländer von der Coronakrise besonders betroffen seien. Sie hätten nämlich massive strukturelle Probleme, "die sich jetzt in der Krise enorm verschärfen", verwies sie etwa auf den Rückgang von Rohstoffpreisen. "Corona ist ein Ungleichvirus", beklagte die Soziologin.

Der Sonderbeauftragte im Gesundheitsministerium, Clemens Auer, äußerte in seinem Beitrag die Hoffnung auf eine stärkere Beachtung der UNO-Nachhaltigkeitsziele nach der Krise. "Für mich sind die SDGs ein idealer ordnungspolitischer Rahmen, der Potenzial hat, eine kraftvolle Antwort auf 30 Jahre Reagonomics und Thatcherismus zu geben", sagte Auer in Anspielung auf die seit den 1980er Jahren dominierenden wirtschaftsliberalen Ansätze.

Auer erinnerte diesbezüglich auch an schwierige Diskussionen zur budgetären Ausstattung des österreichischen Gesundheitssystems. Dabei habe Österreich in der Coronakrise "riesiges Glück gehabt, dass wir, was die stationäre Versorgung betrifft, auf große Überkapazitäten zurückgreifen konnten", sagte Auer mit Blick auf die vergleichsweise hohe Anzahl an Spitalsbetten in Österreich. "Eine Pandemie braucht, um erfolgreich bekämpft zu werden, ein starkes resilientes Gesundheitssystem", betonte das Mitglied des österreichischen Corona-Krisenstabs.