APA - Austria Presse Agentur

Österreich erwartet von der Türkei die Einhaltung des EU-Türkei-Abkommens von 2016

Im Außenministerium hieß es zu Berichten, wonach die Türkei mit der Aufkündigung gedroht habe, dass es um einen Teilaspekt des Deals gehe.

Konkret handle es sich um die Rücknahme irregulärer MigrantInnen aus Griechenland. Dies betreffe 400 Personen jährlich. Dies sei kein Ausstieg aus dem EU-Abkommen, wurde erklärt. Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu hatte in einem Interview über die Aussetzung eines Rücknahmeabkommens gesprochen. Offenbar bezog er sich allerdings auf ein bereits 2013 abgeschlossenes Abkommen, wie aus einer Übersetzung des Interviews hervorging.

Die EU-Kommission stellte keine Veränderung der türkischen Politik hinsichtlich des Flüchtlingsdeals zwischen der EU und der Türkei fest. Dies erklärte eine Sprecherin der Behörde in Brüssel zu Meldungen, wonach Mevlüt Çavuşoğlu die Aufkündigung desselben angekündigt hatte.

Çavuşoğlu soll als Gründe die Sanktionen der EU gegen die Türkei wegen des Energie-Streits vor der Küste Zyperns sowie ausstehende Zahlungen der EU angeführt haben. Beide Parteien hielten an ihren Verpflichtung fest, hieß es seitens der EU-Kommission. Betreffend die Rücknahme von Flüchtlingen, die über die Türkei in die EU eingereist seien, welche Bedingung für Visaliberalisierungen für türkische Bürger ist, sagte die Sprecherin: "Wir unterstützen und ermutigen die Türkei, alle ausstehenden Voraussetzungen für die Visaliberalisierungen zu erfüllen."

Türkei soll alle Schutzbedürftige zurücknehmen

Bereits in der Vergangenheit haben türkische Minister die Aufkündigung des Flüchtlingsdeals angedroht. Die EU hatte am 18. März 2016 mit der Türkei vereinbart, dass das Land alle Flüchtlinge zurücknimmt, die von der Türkei auf die griechische Inseln übersetzen. Im Gegenzug nehmen EU-Staaten der Türkei Schutzbedürftige aus Syrien ab und finanzieren Hilfen für in der Türkei lebende Flüchtlinge. Ihre Zahl wurde zuletzt mit rund 3,6 Millionen angegeben.

Infolge des Deals ging die Zahl der Flüchtlinge auf der Ägäis-Route deutlich zurück, allerdings wurden aus rechtlichen Gründen nur wenige hundert Flüchtlinge in die Türkei zurückgebracht, so dass Tausende Menschen über Monate unter oft menschenunwürdigen Zuständen in völlig überfüllten Lagern auf den Inseln festsitzen.

Erst vergangene Woche bewilligte die EU-Kommission ein 1,4 Milliarden Euro schweres Hilfspaket zugunsten von Syrien-Flüchtlingen in der Türkei. Die Summe wird aus dem Geldtopf gezahlt, der der Türkei im Zuge des 2016 geschlossenen Flüchtlingspakts versprochen wurde. Der Topf ist mit insgesamt sechs Milliarden ausgestattet, von denen bereits rund 2,4 Milliarden Euro ausgezahlt sind.

Währenddessen wurden binnen zwei Wochen mehr als 6.000 MigrantInnen ohne gültige Papiere in Istanbul festgenommen. Der türkische Innenminister Süleyman Soylu sagte dem Nachrichtensender NTV, bei dem seit dem 12. Juli laufenden Einsatz seien 6.122 Menschen in Istanbul gefasst worden, darunter 2.600 AfghanInnen.

Bei den meisten Betroffenen handle es sich nicht um SyrerInnen. Diese würden auch nicht nach Syrien zurückgebracht. Syrische Flüchtlinge, die nicht in Istanbul registriert seien, würden in Lager in der südtürkischen Provinz Hatay geschickt, sagte Soylu. Einige würden aber freiwillig nach Syrien zurückkehren.

"Kein Zentrum der illegalen Migration"

Er hatte erklärt, seit Jahresbeginn seien 40.000 MigrantInnen aus der Türkei abgeschoben worden. Bis Jahresende sollten es 80.000 sein. "Wir tun, was wir können, damit die Türkei kein Zentrum der illegalen Migration wird", sagte Soylu.

Das Gouverneursamt von Istanbul hatte SyrerInnen ohne gültige Aufenthaltspapiere bis zum 20. August Zeit gegeben, die Stadt zu verlassen. Wer nach Ablauf der Frist noch in der Bosporus-Metropole sei, werde in die türkische Provinz gebracht, in der er ursprünglich registriert wurde. Laut dem Gouverneursamt sind 547.000 SyrerInnen in Istanbul registriert, doch leben Tausende weitere ohne gültige Papiere in der Stadt.

Nach Angaben eines syrischen Dachverbands wurden vergangene Woche mehr als 600 SyrerInnen von Istanbul nach Syrien ausgewiesen, obwohl sie gültige Papiere für eine andere türkische Provinz hatten. SyrerInnen haben einen temporären Schutzstatus, der ihnen weitreichende Rechte gewährt. Allerdings müssen sie in der jeweiligen Provinz bleiben, in der sie registriert wurden.

Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte die Flüchtlinge nach Beginn des syrischen Bürgerkriegs 2011 mit offenen Armen aufgenommen. In der türkischen Bevölkerung wächst jedoch seit Jahren der Unmut über die SyrerInnen. Besonders in Städten wie Istanbul und Gaziantep, wo Hunderttausende SyrerInnen leben, gibt es immer wieder Spannungen und Unruhen. Unter dem Druck der Opposition verschärfte die Regierung zuletzt ihren Kurs gegen die SyrerInnen.