Wiener Schau präsentiert zeitgenössische Fotokunst aus China

Luo Yang dokumentierte ihre Generation in China
China ist in den vergangenen Jahren für den Westen stärker als zuvor auf die Landkarte gerückt. Der europäische Blick auf das Land ist von Zuschreibungen wie "Global Player" oder "repressive Autokratie" geprägt. Die Arbeiten von elf Kunstschaffenden in der Ausstellung "Inside Views - Zeitgenössische Fotografie aus China" im Fotomuseum Westlicht gibt Einblick, wie sich chinesische Künstlerinnen und Künstler selbst sehen. Im Zentrum stehen Werke von Ausnahmekünstler Ren Hang.

Der Fokus der Bildserien liegt auf dem Individuum und dessen Verhältnis zur umgebenden Gesellschaft. Die in der Schau in Wien präsentierten Künstlerinnen und Künstler "machen oft den Körper zum Ausgangspunkt ihrer Arbeit", sagte Kurator Fabian Knierim bei einem Pressetermin am Dienstag. "Der Körper ist Ausdrucksmittel und Material." Das Spektrum reicht von den an seine Performances anschließenden Körperinszenierungen von Zhang Huan über Chen Ronghui und seine Serie "Freezing Land" zu den Folgen des Strukturwandels in China bis hin zu Luo Yang, die in ihren Fotografien das Porträt einer selbstbewussten, aber auch um ihre Identität ringenden Generation zeichnet.

Mit der Serie "Girls" hat Luo Yang, geboren 1984, ihre Generation dokumentiert. "Ich habe Design studiert und am Anfang Klassenkameradinnen und Freundinnen aus meiner Heimatstadt fotografiert", erzählte sie. Später reiste sie an unterschiedliche Orte im Land. Ihre Bilder zeigen moderne Frauen und eine aufstrebende Jugendkultur, die sich über auferlegte Erwartungen hinwegsetzt. Vieles, wie etwa Tattoos, was in den Achtzigern noch als Subkultur galt, sei mittlerweile Trend geworden, so Luo Yang. Für die Nachfolgeserie "Youth" holte sie auch junge Männer vor die Kamera: "Bei dieser Arbeit war ich wie eine Außenstehende, die auf das Leben einer neuen Generation blickt."

Ein Wiedersehen gibt es mit Fotografien von Ren Hang (1987-2017), die 2015 in der Galerie Ostlicht für Furore sorgten, aber auch Arbeiten, die damals während seines Aufenthalts entstanden. Mit einer "einfachen analogen Kamera" fotografierte Ren Hang am Wienfluss und im Wiener Wald "sechs, sieben Stunden", berichtete Westlicht-Vorstand Peter Coeln. Rens Fotografien zeigen Körperinstallationen, durch explizite Darstellungen "auf eine Weise provokant", betonte Knierim. "Ren hatte stark mit Zensur in China zu kämpfen, hat seine Kunst aber nie als politisches Statement verstanden. Gleichwohl lassen sich seine Arbeiten als Akt des Nonkonformismus lesen."

Ren war mit seinen Kompositionen ineinander verschlungener nackter Körper in teils akrobatisch anmutenden Posen in den 2010er-Jahren zum Star und Vorreiter für eine breitere Rezeption zeitgenössischer chinesischer Fotografie in Europa und in den USA geworden. Die Einzelschau seinerzeit in Wien war laut Coeln "die bestbesuchte Eröffnung aller Zeiten" in der Galerie Ostlicht.

(S E R V I C E - "Inside Views - Zeitgenössische Fotografie in China" im Fotomuseum Westlicht, Kooperation mit der Alexander Tutsek-Stiftung in München, 19.6.-11.8., DI, MI, FR 14-19 Uhr, DO 14-21 Uhr, SA, SO, FEI 11-19 Uhr, www.westlicht.com)

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