APA - Austria Presse Agentur

Wiens Opposition nahm NEOS-Stadtrat Wiederkehr ins Visier

Wiens Opposition hat am Freitag im Rahmen eines Sondergemeinderats mit NEOS-Stadtrat Christoph Wiederkehr abgerechnet. Dieser sei mit seinem "Skandalressort gescheitert", befand die ÖVP, die die Zusammenkunft beantragt hatte. Im Visier stehen etwa die Magistratsabteilung 35, das Defizit der Volkshochschulen, möglicher Missbrauch von Fördergeldern in Kindergärten oder der Lehrermangel. ÖVP und Grüne werden auch einen Misstrauensantrag gegen Wiederkehr einbringen.

ÖVP-Klubchef Markus Wölbitsch trug die von der Opposition konstatierte Mängelliste zum Auftakt vor. Dabei zitierte er auch aus Beschwerden etwa von Eltern. In jenem Kindergarten, der vom Stadtrechnungshof zuletzt kritisiert worden war, sei etwa das Essen ungenießbar gewesen und der Zustand der Räumlichkeiten unhygienisch, hieß es da. Auch Aussagen von Personen, die fürchten, dass ihre Partner aufgrund der Untätigkeit der MA 35 das Land verlassen müssen, wurden verlesen.

"Es geht hier um Schicksale", betonte Wölbitsch. Und es gehe auch um Vertrauen in die Rolle des Stadtrats. "Ja, sie haben von der SPÖ ein schweres Erbe übernommen", gestand er der pinken Regierungspartei zu. Man habe offenbar den kürzeren Strohhalm gezogen bei der Ressortvergabe. "Ja, sie sind mit einigen Missständen konfrontiert, die die SPÖ über Jahre nicht gelöst hat", sagte Wölbitsch - der jedoch auch befand: "Nach über zwei Jahren Regierungsverantwortung kann man sich nicht mehr hinter der SPÖ verstecken."

Wiederkehr habe bisher "definitiv" zu wenig geleistet. Alleine, dass der betroffene Kindergarten weiter finanziert werde, sei nicht tragbar. "Sie haben sich in ihrem Amt als massive Enttäuschung erwiesen", richtete er dem Stadtrat, der auch Wiener Vizebürgermeister ist, aus.

FPÖ-Chef Dominik Nepp ortete ebenfalls eine "Kette an Versagen". Allerdings betreffe dies die gesamte Stadtregierung. Die ÖVP sei jedoch zu feig, einen Misstrauensantrag gegen Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zu unterstützen. Die Volkspartei wollten den NEOS offenbar nur den Ratschlag geben, aus der Regierung zu gehen, damit man selbst hineinkönne. Dies sei "peinlich", zeigte sich Nepp überzeugt.

NEOS-Klubchefin Bettina Emmerling sprang für Wiederkehr in die Bresche. Der Misstrauensantrag sei an Chuzpe kaum zu überbieten, befand sie. Dort würden Fakten verdreht. Den Lehrermangel, so betonte sie, gebe es etwa in ganz Österreich. Was ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek dagegen tue, wisse man nicht. "Das einzige, was wir von ihm wissen, ist, dass er eine neue Frisur hat."

Die NEOS hätten die neue Lehrerzuteilung in die Wege geleitet. Und - anders als jenes des Bundes - habe während der Coronapandemie auch das Testsystem in den Schulen funktioniert. Man habe Lerncafes eingeführt und später nach Ausbruch des Krieges auch vielen ukrainischen Kindern geholfen. Die Bilanz der ÖVP sehe hier anders aus, etwa im Bereich Migration: "Kein einziges schwarzes Bundesland erfüllt die Asylquote, Zelte müssen aufgestellt werden."

Auch mit "Fördermittelmissbrauch vom feinsten" brachte sie die Volkspartei in Verbindung. Sie verwies auf "Coronahilfen an Bünde und eigene Vereine". Die Grünen seien wiederum im Bund ganz leise, etwa wenn es um das Schengen-Veto oder abgeschobene Kinder gehe. "Aber austeilen in der untersten Populismusschublade, das geht dann schon", kritisierte Emmerling.

Der Klubobmann der Grünen, David Ellensohn, konterte: "Wenn die Verteidigung der eigenen Arbeit in erster Linie ein Angriff auf die Bundesregierung ist, dann gibt es offenbar im eigenen Bereich zu wenig zu verteidigen." Die NEOS hatten offenbar eine Ahnung, dass in dem zuletzt bekannt gewordenen Kindergarten nicht alles in Ordnung sei, hätten aber nichts unternommen, konstatierte der Grün-Politiker. In der MA 35 seien die Wartezeiten sogar noch länger geworden. Auch bei der Wien Energie müssten sich die NEOS für ein Kontrollversagen verantworten.

SPÖ-Gemeinderat Peter Florianschütz ortete in dem türkis-grünen Misstrauensantrag gegen Wiederkehr schlicht ein Ablenkungsmanöver von dem "Desaster", das die beiden Parteien auf Bundesebene bieten würden. Auch "panische Angst" vor den Landtagswahlen in Niederösterreich spiele hier offenbar eine Rolle, vermutete er. Das Ablöse-Begehr, so stellte er klar, wird die SPÖ nicht unterstützen. "Der Antrag wird natürlich keine Mehrheit finden." Dieser sei "Unsinn". Außerdem habe Wiederkehr Schritte gesetzt, um Probleme zu lösen. Um diese Lösung umsetzen zu können, müsse er auch im Amt bleiben.