APA - Austria Presse Agentur

Wifo-Chef fordert eine CO2-Abgabe von 60 Euro/Tonne

Der neue Wifo-Chef Gabriel Felbermayr fordert eine rasche stufenweise Anhebung der CO2-Abgabe auf Verkehr und Energie auf 60 Euro je Tonne. Derzeit beträgt sie in Österreich null und in Deutschland 25 Euro pro Tonne (und soll auf 35 Euro steigen). Zuletzt wurden hierzulande rund 30 Euro kolportiert, was den Liter Treibstoff um ca. 8 Cent verteuern würde. Felbermayr schlug zum Start im kommenden Jahr 35 Euro vor, 2024 sollen es dann 60 Euro/Tonne sein.

Der Ökonom erinnerte heute in der "ORF-Pressestunde" daran, dass die Spritpreise ohnehin stark schwanken. "Wir haben schon weit mehr gehabt als Schwankungen von 10 Cent", sagte er. Es gehe bei der Besteuerung auch nicht um eine Bereicherung des Staates auf Kosten der Autofahrer.

Auf deutliche Preisanstiege müssen sich auch all jene einstellen, die mit Gas heizen. Ein Plus von 25 Prozent sei durchaus realistisch. Dafür sollte Strom steuerlich entlastet werden - hier erinnerte Felbermayr an die populären Wärmepumpen, die Strom benötigen, um die Gasheizungen zu ersetzen. So sei die Elektrizitätsabgabe in Österreich weit über dem Niveau, das die EU vorgebe.

Schlechte Nachrichten hat Felbermayr auch für Sparer. "Möglicherweise liegen die Jahre mit einer geringen Inflation hinter uns", so der Ökonom. Wobei die Steigerung noch immer moderat ausfällt, er erwartet sie bei zwei Prozent und etwas darüber. Zu den Staatshilfen in der Coronapandemie meinte Felbermayer, dass diese eine Pleitewelle verhindert hätten, aber nicht ursächlich für den jetzigen starken Aufschwung verantwortlich seien. Bei der Förderung für Kurzarbeit sei nun die Zeit gekommen, diese zurück zu fahren.

Klare Worte findet Felbermayr auch zur Causa Ischgl und die kommende Wintersaison. Es wäre sehr klug, früh und streng entsprechende Richtlinien vorzugeben - nicht zuletzt, um auch den ausländischen Gästen zu signalisieren, es drohe ihnen in Österreich keine Gefahr.

Aufhorchen ließt der Ökonom damit, dass er bei der ökologischen Steuerreform, die heute Nachmittag von der Bundesregierung präsentiert wird, die ländlichen Gegenden anders behandelt werden müssen wie die Städte. Er erinnerte an höhere Kosten für das Auto weil die Öffis fehlen würden, außerdem sei es teurer ein Haus als eine Wohnung zu beheizen.

Bei der Lohnsteuer sieht Felbermayr Handlungsbedarf bei den großen Sprüngen, die zwischen den Steuerstufen liegen. Ablehnend äußerte er sich zu den Überlegungen die Körperschaftssteuer für Unternehmen von 25 auf 21 Prozent zu senken. Dies würde den Staat 1,5 Mrd. Euro kosten und es stelle sich die Frage, ob das Geld nicht anderweitig besser eingesetzt werde. Eine Absage kommt auch an die Vermögenssteuer, diese würde die Unternehmenssubstanz angreifen und sei nicht notwendig.

Und wie hält es der neue Wifo-Chef mit den Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose? Hier sei das Arbeitsmarktservice (AMS) durchaus fordernd, "das ist kein Selbstbedienungsladen", betonte Felbermayr. Es müsse auch nicht unbedingt ein arbeitsloser Koch in Wien nach Vorarlberg übersiedeln, es gebe im Großraum der Bundeshauptstadt genug Jobs. Er erwartet, dass die Arbeitgeber bei Löhnen und Arbeitsbedingungen nachbessern werden. Und er fordert, dass jene Unternehmen ihren Beitrag leisten, die Mitarbeiter immer wieder für kurze Zeit beim AMS zwischenparken.

Dass das Arbeitslosengeld unter die derzeitige Ersatzrate von 55 (bzw. 52) Prozent fällt, sieht Felbermayr nicht. Er warnte auch davor, Arbeitslosigkeit nur als etwas Schlimmes für die Volkswirtschaft zu sehen. Wenn ein Beschäftiger merkt dass er anderweitig viel produktiver sein könnte, sei es gut, wenn er sich umorientiere.

Zum Thema wirtschaftliche Ungleichheit in der Bevölkerung hielt der Ökonom fest, dass diese in den 1990er-Jahren bis 2005 gestiegen sei. Er plädierte heute für einen starken Staat, der die entsprechenden Richtlinien, auch in der Coronapandemie, vorgibt.