"Wirtschaftsbundaffäre" - Quartett in Vorarlberg vor Gericht

Die Urteile sind nicht rechtskräftig
Der ehemalige Vorarlberger Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser (ÖVP) sowie drei weitere ehemalige Führungskräfte des Wirtschaftsbunds Vorarlberg müssen sich seit dem frühen Dienstagvormittag in der sogenannten "Wirtschaftsbundaffäre" vor dem Landesgericht Feldkirch verantworten. Die Anklagepunkte lauten auf Untreue und Vorteilsannahme zur Beeinflussung bzw. Vorteilszuwendung zur Beeinflussung. Das Strafmaß beträgt bis zu drei Jahre Haft.

Konkret geht es um die Bezahlung von Weihnachtsessen mit jeweils 30 bis 35 Teilnehmern in den Jahren 2013, 2015, 2016, 2017 und 2018 sowie ein Essen anlässlich Rüdissers Aussscheiden aus der Politik im Jahr 2019 im Gesamtwert von 12.980 Euro. Veranstaltet wurden die Weihnachtsessen von Rüdisser, beglichen wurden die Rechnungen jeweils vom Wirtschaftsbund. Laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat Rüdisser dadurch einen ungebührlichen Vorteil erhalten. Die Staatsanwaltschaft geht weiter davon aus, dass Rüdisser "sich dadurch in seiner Tätigkeit als Amtsträger beeinflussen" habe lassen. Zu Beginn der Verhandlung am Dienstag sprach der Staatsanwalt von "anfüttern".

Anklage: Wirtschaftsbund wollte beeinflussen

Der Wirtschaftsbund wiederum - namentlich der ehemalige Wirtschaftsbund-Obmann und Wirtschaftskammerpräsident Hans Peter Metzler, der ehemalige Wirtschaftsbunddirektor Jürgen Kessler und sein Vorgänger Walter Natter - hat laut Anklage mit der Bezahlung der Essen einen Amtsträger in seiner Tätigkeit beeinflussen wollen. Rüdisser, Metzler, Kessler und Natter hätten den Wirtschaftsbund finanziell geschädigt, weshalb ihnen zusätzlich Untreue vorgeworfen wird. Ebenfalls verhandelt wird der Antrag auf Verhängung einer Verbandsgeldbuße gegen den Wirtschaftsbund wegen Vorteilszuwendung zur Beeinflussung.

Ins Rollen gekommen war die "Wirtschaftsbundaffäre" durch eine Steuerprüfung des Vorarlberger Wirtschaftsbunds im Frühjahr 2022. Diese setzte sich mit der Finanzierung des Wirtschaftsbunds und mit den Geldflüssen des Verbands auseinander. Aufgrund von kritisch betrachteten Inseratengeschäften folgten unter anderem die Rücktritte von Metzler und Kessler, Rüdisser übernahm interimistisch zur Aufarbeitung der Causa. In weiterer Folge geriet Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) wegen eines Korruptionsvorwurfs unter Druck, es wurde aber keine Anklage erhoben. Am Ende resultierte für den Wirtschaftsbund eine Steuernachzahlung für die Jahre 2016 bis 2021 von knapp über 770.000 Euro. Ende November 2022 wurde der aktuelle Wirtschaftslandesrat Marco Tittler neuer Wirtschaftsbundobmann, neuer Direktor wurde Christoph Thoma.

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