APA - Austria Presse Agentur

Fellner-Klage gegen Raphaela Scharf auf Fotoshooting eingeschränkt

Das Arbeits- und Sozialgericht in Wien hat sich am Mittwoch erneut mit den Belästigungsvorwürfen um Wolfgang Fellner beschäftigt. Diesmal trat er als Kläger auf.

Wolfgang Fellner klagt die ehemalige oe24.tv-Moderatorin Raphaela Scharf auf Unterlassung der Vorwürfe, er habe sie während eines Fotoshootings begrapscht. Weitere von Scharf vorgebrachte Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen Fellner - etwa Chat-Nachrichten - sind nicht länger Prozessgegenstand.

Die Anwälte Fellners, Georg Zanger und Kristina Venturini, sehen in der von ihnen beantragten Beschränkung auf den mutmaßlichen Vorfall bei dem Fotoshooting am 13. Mai 2019 eine "Präzisierung" der Klage.

Der Anwalt Scharfs, Michael Rami, sah dagegen eine "massive Einschränkung" dieser gegeben, was er als Teilsieg für die Beklagte Scharf verbuchte. Schließlich wolle Fellner mit der Einschränkung des Prozessgegenstands auf einen Tag den restlichen Vorwürfen - wie Belästigungen im Zuge von Abendessen und Textnachrichten - ausweichen, so Rami.

Die je nach Sichtweise "Präzisierung" oder "Einschränkung" hatte zur Folge, dass sich die Zeugenbefragungen des heutigen Tages stark auf das Fotoshooting fokussieren mussten. Somit gestaltete sich etwa die Aussage von Katia Wagner äußerst kurz.

Wagner hatte von 2014 bis 2015 als freie Unternehmerin E-Commerce-Produkte für die Mediengruppe "Österreich" entwickelt. Dabei habe Fellner ihr beim gemeinsamen Sichten von Marketingunterlagen auf das Gesäß gegriffen, worauf sie kündigte, so der Vorwurf Wagners, den sie gegenüber mehreren Medien vorbrachte. Fellner wies dies strikt zurück. Die 33-Jährige ist mittlerweile wie Scharf bei Krone-TV tätig.

Vom Fotoshooting im Mai 2019 habe sie keine Wahrnehmung, sagte Wagner als Zeugin aus. Die Frage, welche Erfahrungen sie selbst in Hinblick auf sexuelle Belästigung mit dem Kläger gemacht habe, wurde von der Richterin aufgrund der Einschränkung des Prozessgegenstands nicht zugelassen. Rami sah darin einen Verfahrensmangel gegeben.

"Es geht hier auch um die Glaubwürdigkeit des Klägers. Er hat behauptet, noch nie eine Frau sexuell belästigt zu haben. Zum Gegenbeweis müssen auch Fragen an der Zeugin zulässig sein, die zeigen, dass die Behauptung falsch ist", so der Anwalt Scharfs. Bei Rami hätten sich bereits weitere Frauen, die Fellner sexuelle Belästigung vorwerfen, gemeldet. "Ich hoffe, das Gericht wird sie sich anhören." Sollte das nicht der Fall sein, werde er Rechtsmittel einlegen.

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Eine von Fellner als "Kronzeugin" angesehene, bei der Mediengruppe Österreich angestellte Stylistin sagte am Mittwoch aus, dass ihr "nichts Merkwürdiges" im Zuge des Fotoshootings aufgefallen sei. Sie war die ganze Zeit zugegen und hatte Blick auf Kläger und Beklagte. Auch habe sie keine Reaktion von Scharf auf den mutmaßlichen Griff auf das Gesäß feststellen können.

In einem von Scharf zwei Tage nach dem Fotoshooting aufgenommenen Gespräch zwischen ihr und Fellner soll der Medienmacher laut Rami die Möglichkeit eingeräumt haben, dass er sie am Gesäß berührt habe. Laut dem vorgelegten Transkript fragt Scharf rhetorisch, ob der Pograpscher nie stattgefunden habe. Darauf erwidert Fellner, dass er das nicht wisse. Vielleicht habe er sie auf Anweisung des Fotografen nach vorne geschoben. Damit verstrickt sich Fellner laut Rami in Widersprüche. Schließlich habe er jegliche Berührung abgestritten.

Fellner erklärte, dass beim Transkript der erste Teil des Gesprächs bewusst fehle. Er sah darin eine "unverschämte Manipulation". Schließlich habe er zu Beginn des Gesprächs "Dutzend Male" darauf hingewiesen, dass er sie nicht berührt habe und die später im Gespräch gefallene Berührung in den Konjunktiv gesetzt, um als harmoniebedürftiger Chef auf die Vorwürfe einzugehen. Hätte er sie berührt, würde er sich entschuldigen, so Fellner.

Für den Medienmacher stand zudem fest, dass "keine einzige Beschwerde" gegen ihn wegen sexueller Belästigung vorliege - mit Ausnahme von Scharf. Doch es gab auch zwei weitere Vorfälle mit Frauen, bei denen Berührungen eine Rolle spielten. Eine Frau sagte bereits an einem früheren Prozesstag aus, dass hinter einem Klaps von Fellner auf ihr Gesäß keine sexuelle Absicht gesteckt habe.

Ein zweiter Vorfall führte 2016 zu einer Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens gegen den Kläger. Eine Treuetesterin erstattete damals Anzeige wegen sexueller Belästigung gegen Fellner. Dieser zeigte sie wiederum wegen Verleumdung an. Aufgrund widerstreitender Beweisaussagen legte die Staatsanwaltschaft Wien beide Anzeigen zurück. Die Treuetesterin hatte laut Fellner den Auftrag, ihn außer Haus und in eine "Sexfalle" zu locken. Dabei kam es auch zu Küssen. Später - am ersten Abend - habe er die "Sexfalle" aber erkannt. Am Folgetag ging er mit ihr auf eine Radtour. "Radfahren wird man ja noch dürfen", so Fellner.

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Fellner ließ dem Gericht auch ein in etwa dreisekündiges Handyvideo vom Fotoshooting vorlegen, um zu zeigen, wo er gestanden habe, und 38 im Sekundentakt angefertigte Fotos, die belegen sollen, dass es zu keiner "Begrapschung" kam.

Auch stützt er sich auf ein Compliance-Verfahren im Unternehmen. Demnach hätten sämtliche Chefredakteure, Programmdirektoren, Geschäftsführer und Personalchefs festgehalten, dass es keine Beschwerde mit Ausnahme jener von Scharf seit der Gründung der Mediengruppe "Österreich" gebe.

Prozess auf Oktober vertagt

Die Befragung Fellners durch Rami konnte am Mittwoch nicht abgeschlossen werden. Auch Fragen an die Beklagte Scharf waren aus Zeitgründen nicht möglich. Der Prozess wurde auf 11. Oktober vertagt.

Fellner sah den heutigen Tag im Anschluss an den Prozess als "Erfolg auf voller Länge". Seine Anwältin Venturini sah einen "Missbrauch der MeToo-Bewegung". So habe Scharf, nachdem Fellner ihr einen Karrieresprung nicht ermöglichte, die Karte "Sexuelle Belästigung" gezückt. "Widerlich", so Venturini. Rami ortete mit der Aussage der Stylistin "keinen Beweis für etwas" und sieht die Einschränkung des Prozessgegenstands als Erfolg an.

In einem zweiten Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht wehrt sich Raphaela Scharf gegen ihre fristlose Entlassung bei oe24.tv. Ende April fand dazu eine Verhandlungsrunde statt, bei der Wolfgang Fellner aussagte. Dabei wies er den Vorwurf, er habe Scharf bei einem Fotoshooting im Jahr 2019 begrapscht, energisch zurück.

Er vermutet ein Revanchefoul von Scharf, da er ihr eine Gehaltserhöhung und deutlich höhere Marketingpräsenz verweigert habe. Auch sieht er eine Intrige konkurrierender Medien gegeben.

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Ihm wurde im Zuge der Verhandlung Ende April ein Transkript einer Audiodatei vorgelegt, die nach dem mutmaßlichen Übergriff beim Fotoshooting angefertigt worden war. Darauf seien laut dem Rechtsvertreter von Scharf, Michael Rami, ausfällige Bemerkungen und Drohungen Fellners gegen Scharf zu hören. So habe er etwa im Beisein von der Programmdirektorin des Senders und dem Vorsitzenden des Betriebsrats zu Scharf gesagt: "Du schaust aus wie eine Nutte." Dafür entschuldigte er sich mittlerweile in einer Stellungnahme auf oe24.at.

Auch soll Fellner davon gesprochen haben, dass es "lebensgefährlich" für Scharf sei, die Vorwürfe zu verbreiten. Fellner erkannte bei der Verhandlung Ende April das Transkript an, sah aber in seinen getätigten Aussagen keine Belästigung oder Drohung gegeben. Seine Aussage wurde nicht abgeschlossen und der Prozess auf 13. September vertagt.

Mittlerweile hat Fellner die Moderation der auf oe24.tv ausgestrahlten Talk-Sendung "FELLNER! LIVE" vorübergehend "auf eigenen Wunsch" abgegeben. Damit kam er wohl einer gemeinsamen Erklärung von hochrangigen Politikerinnen zuvor, die ihm bis zur Ausräumung der Vorwürfe nicht länger für Interviews zur Verfügung stehen wollen. Fellner beauftragte zudem die Wirtschaftsprüfungskanzlei BDO AUSTRIA mit einer internen Untersuchung der Vorwürfe nach internationalen Compliance-Regeln.

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Am Donnerstag solidarisierten sich der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF), die Frauenhelpline 0800 222 555, der Österreichische Frauenring und die Allianz GewaltFREI leben mit Raphaela Scharf und Katia Wagner. Sie forderten in einer Aussendung die Politik, Behörden und Arbeitgeber auf, Gewalt am Arbeitsplatz zu ahnden und ernst zu nehmen. So müsse ein Verhaltenskodex in jedem Unternehmen eingeführt und laufend Schulungen und Fortbildungen durchgeführt werden.