APA - Austria Presse Agentur

Zeilinger: Forschungsrahmengesetz "entbehrlich"

Ohne Finanzierungspfad hält der Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), Anton Zeilinger, das geplante Forschungsrahmengesetz für "entbehrlich". Gibt es kein gesetzlich fixiertes, reales Budgetwachstum, "brauchen wir das Gesetz gar nicht. Das erzeugt nur Bürokratisierung durch die geplanten jährlichen Berichte", sagte Zeilinger im Gespräch mit der APA.

Ursprünglich hatte die türkis-blaue Koalition ein Forschungsfinanzierungsgesetz geplant, um den Förderagenturen und Forschungseinrichtungen Planungssicherheit zu geben. Doch bevor man sich auf einen gesetzlich finanzierten Wachstumspfad einigen konnte, zerbrach die Regierung. Der aktuelle Infrastrukturminister Andreas Reichhardt schickte unter dem Titel "Forschungsrahmengesetz" dennoch einen Entwurf in Begutachtung - allerdings ohne Budgetzahlen. Die Begutachtungsfrist endete vergangene Woche.

Zeilinger verweist auf die Erläuterungen zum Entwurf, wo Deutschland und die Schweiz als Vorbild genannt werden. "Ja bitte, machen wir es so, schauen wir uns den Pakt für Forschung in Deutschland an, wo es seit 2006 einen jährlichen Budgetzuwachs von fünf Prozent gab und jetzt einen von drei Prozent gibt, oder die schweizerische Botschaft zur Förderung der Forschung, in der ebenfalls ein Budgetplan fixiert ist. Das wäre eine unglaubliche Chance für Österreich, so etwas zu realisieren", so Zeilinger.

Die ÖAW befürchtet zudem durch das geplante jährliche Monitoring von Forschungseinrichtungen anhand von Indikatoren eine "Bürokratisierung der Leistungsmessung unter Missachtung der Besonderheiten anwendungsoffener Grundlagenforschung", wie es in der Stellungnahme der Akademie zum Entwurf heißt. Für Zeilinger wird durch solche jährlichen Berichte und Kennzahlen "nur Scheinobjektivität erzeugt". "Schon was derzeit an Berichten zu produzieren ist, ist vollkommen uneffektiv. Grundlagenforschung lässt sich nicht in solche Korsette zwängen", sagte der ÖAW-Präsident.

Eine Leistungsbewertung im Jahresrhythmus sei für die Grundlagenforschung nicht aussagekräftig, der Beobachtungszeitraum zu kurz. Es sei auch nicht möglich, Grundlagenforschung danach zu bewerten, was irgendwann einmal versprochen wurde. "Denn so zwingt man Leute Dinge weiterzuverfolgen, obwohl ihnen etwas Gescheiteres eingefallen ist." Zeilinger sieht aber durchaus eine Möglichkeit, Grundlagenforschung zu beurteilen, "und das ist durch Top-Leute, die selbst so etwas gemacht haben".

Von der neuen Bundesregierung wünscht sich der ÖAW-Chef, "Möglichkeiten für die Grundlagenforschung ohne ökonomisches Ziel zu schaffen". Zudem würde er viel stärker auf Individualförderung setzen als bisher. Das hofft er auch für die bereits länger geplante Exzellenzinitiative: "Es hat keinen Sinn, große Cluster zu fördern, es müssen Einzelpersonen gefördert werden. Es geht um Personen und nicht um Wissenschaftsgebiete."

Zudem wünscht sich Zeilinger, dass die neue Regierung "dafür sorgt, dass Forschungsthemen nicht politisch definiert werden können". Dass die EU mit der geplanten "missionsorientierten Forschung" einen anderen Weg geht, findet der ÖAW-Präsident "nicht optimal. Ich bin neugierig, wie man damit China einholen möchte, das wird nicht gelingen".