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Zu wenige Jobangebote für Menschen mit Behinderungen

Ein Großteil der heimischen Unternehmen kommt der gesetzlichen Beschäftigungspflicht von Menschen mit Behinderungen nicht nach.

"Es gibt noch immer zu wenige Jobangebote. Da ist noch ganz viel Luft nach oben", sagte der Gründer der Inklusion-Beraterfirma myAbility, Gregor Demblin, im APA-Gespräch.

Unternehmen in Österreich mit 25 oder mehr Beschäftigten sind verpflichtet einen oder mehrere begünstigte Behinderte einzustellen. Wenn die Beschäftigungspflicht nicht eingehalten wird, müssen Firmen je nach Betriebsgröße eine Ausgleichstaxe zwischen 271 Euro und 404 Euro pro offener Pflichtstelle zahlen.

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Bei der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt liegt Österreich im EU-Vergleich laut offiziellen Zahlen im Mittelfeld. "Es gibt aber eine hohe Dunkelziffer, das ist ein Riesenproblem", so Demblin. Nur ein Drittel der Menschen mit Behinderungen seien erwerbstätig, viele andere würden in Tageswerkstätten arbeiten und ein Taschengeld erhalten oder seien in Invaliditätspension. In Österreich leben rund 1,4 Millionen Menschen mit Behinderungen, davon haben 400.000 Personen einen Behindertenpass.

Beim Arbeitsmarktservice (AMS) waren zuletzt rund 14.300 Menschen mit Behinderungen als arbeitslos gemeldet oder befanden sich in AMS-Schulungen. Vor der Coronakrise im Oktober 2019 waren es 14.400. "Oftmals ist die Arbeitslosigkeit Vorurteilen geschuldet", sagte der myAbility-Gründer. Er ortet aber mehr Bereitschaft bei Unternehmen sich mit Diversitätsthemen auseinanderzusetzen. "Für viele Firmen ist es dann noch ein sehr weiter Weg bis zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen." Entscheidungsträger seien oftmals unsicher, ob dies in ihrem Unternehmen funktioniere. "Vorurteile sind nur durch Erfahrung zu beseitigen."

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Demblin rechnet durch den steigenden Fachkräftemangel - Stichwort Pensionierungswelle der Babyboomer - künftig auch mit mehr Bereitschaft der Unternehmen Menschen mit Behinderungen einzustellen.

Große Hoffnungen setzt der myAbility-Gründer in die von der EU-Kommission geplante Social Taxonomy im Rahmen des Sustainable Finance Package. Soziales Handeln soll mit Hilfe von Kennzahlen messbar gemacht werden. Der Druck auf Unternehmen - unter anderem von Investoren - sich mit ihrer sozialen Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen, werde dadurch steigen, erwartet Demblin. Es gehe darum, einige wichtige Schlüsselmessgrößen zu definieren. "Die Taxonomie dürfte aber keine Scheinkriterien enthalten."

Die türkis-grüne Regierung will wie im Regierungsprogramm angekündigt Arbeitsmarkt-Barrieren für Menschen mit Behinderungen abbauen. Eine Reform der Arbeitsfähigkeitsfeststellung werde schneller kommen als Lohn statt Taschengeld in Tageswerkstätten, kündigte Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) im September nach einem Treffen mit Sozial-und Behindertenorganisationen an. Nächstes Jahr soll es erste konkrete Ergebnisse geben.