APA - Austria Presse Agentur

"Creed III": "Rocky"-Saga funktioniert auch ohne Stallone

Lange, nachdem Sylvester Stallone als Rocky seine Boxhandschuhe an den Nagel gehängt hat, geht die "Rocky"-Saga immer noch weiter. Mit "Creed" wurde 2016 ein erfolgreiches Spin-off des Kultklassikers lanciert, das jetzt schon zur Trilogie angewachsen ist. Darin trainierte der ehemalige Boxchampion den Sohn seines verstorbenen Freundes Apollo Creed, Adonis. "Creed III" markiert allerdings eine Zäsur: Rocky selbst ist zum ersten Mal nicht mehr dabei. Ab Freitag im Kino.

Stallone, der bei "Creed III" Produzentenstatus hat, aber nicht als ausführender Produzent beteiligt ist, hatte im "Hollywood Reporter" über eine "bedauerliche Situation" geklagt. "Es wurde eine andere Richtung eingeschlagen, als ich gewählt hätte", sagte der 76-Jährige. "Ich bin eher der sentimentale Typ. Ich mag es, wenn meine Helden verprügelt werden, aber ich möchte nicht, dass es zu düster für sie wird. Ich habe einfach das Gefühl, die Leute haben schon genug Dunkelheit."

Wahrscheinlich meinte Stallone die dunkle Vergangenheit von Adonis Creed (Michael B. Jordan). Der muss sich in "Creed III" mit einem unschönen Kapitel seiner Jugend auseinandersetzen, das er eigentlich vergessen wollte. Er hat seine Boxerkarriere beendet. Mit Ehefrau Bianca (Tessa Thompson) und Töchterchen Amara (Mila Davis-Kent) lebt er in den vornehmen Hollywood Hills. Als Trainer und Promoter baut er die nächste Generation von Weltklasseboxern auf, darunter sein neuer Star Felix Chavez (der echte Boxprofi José Benavidez).

Eines Tages steht ein alter Bekannter vor seinem Trainingszentrum. Sein Jugendfreund Damian (Jonathan Majors) galt als nächste Boxhoffnung. Doch nach einem Vorfall, an dem auch Adonis als Teenager beteiligt war, musste Damian ins Gefängnis. Nach 18 Jahren hinter Gittern brennt er nun darauf, es als Boxer zu schaffen, und drängt auf einen Titelkampf gegen Chavez. Von Schuldgefühlen geplagt, willigt Adonis ein. Bald muss er feststellen, dass Damian im Ring und im Leben nicht ganz sauber kämpft. Es kommt zum Bruch zwischen den alten Freunden. Das lässt sich natürlich nur im Ring klären.

Sieht man vom Originalfilm ab, folgen alle "Rocky"- und "Creed"-Teile in etwa demselben Muster - oder besser: derselben Erfolgsformel. Man muss den Machern zugutehalten, dass die Filme - mit Ausnahme von "Rocky V" vielleicht - immer wieder gut unterhalten. Lange zeichnete Stallone verantwortlich, jetzt sind es unter anderem Ryan Coogler, von dem die Story stammt, und Hauptdarsteller Michael B. Jordan, der bei "Creed III" sein Debüt als Regisseur gibt.

Warum Rocky kein Teil mehr von Adonis' Leben ist, kommt im Film nicht zur Sprache. Trotzdem ist er präsent - nicht nur im deutschen Zusatztitel "Rocky's Legacy". Eine ausgedehnte Trainingsszene ist eine offensichtliche Hommage an "Rocky IV". Und es gibt einen "No Easy Way Out"-Moment - Fans der Reihe wissen was gemeint ist. Der 80er-Jahre-Film über Rockys Duell mit dem Russen Ivan Drago genießt Kultstatus und war schon die Basis für "Creed II". Dragos Sohn Viktor (Florian Munteanu) hat im dritten Teil erneut einen Auftritt.

Filmkomponist Joseph Shirley und Soundgenie Ludwig Göransson ("The Mandalorian", "Tenet") haben außerdem wieder dezent die ikonische Musik von Bill Conti in ihrem packenden Soundtrack eingebaut. In einer Schlüsselszene erklingt "Going The Distance" aus dem ersten "Rocky"-Film. Solche Nostalgie-Momente müssten auch Stallone gefallen. Überhaupt dürfte Sly an dem fertigen Film wenig zu meckern haben. Düster ist "Creed III" nämlich nicht, sentimental schon.

Der unbestrittene Star des Films ist der charismatische Jonathan Majors. Der 33-Jährige, der als Superschurke Kang gerade in "Ant-Man And The Wasp: Quantumania" glänzte und auf Jahre eine prägende Figur in den Filmen des Marvel Cinematic Universe sein wird, ist ein grandioser Antagonist und beeindruckt mit schauspielerischer genauso wie mit körperlicher Präsenz.

Obwohl die Charaktere etwas sprunghaft agieren und insgesamt eher oberflächlich bleiben, verfehlen die emotionalen Momente nicht ihre Wirkung. Besonders ergreifend ist eine Szene zwischen Adonis und seiner Mutter (Phylicia Rashad). Nur während des Showdowns haben die Macher zu viel gewollt. Da wird der Boxkampf vorübergehend zu einer Art Traumsequenz. Das wirkt albern und ist überflüssig - und es nimmt kurzzeitig den Schwung aus dem intensiven Duell.

Debütant Michael B. Jordan hat das Boxdrama konventionell und schnörkellos inszeniert. Zwar ahnt man die meiste Zeit, was kommt. Trotzdem ist der Film kurzweilig und mitunter sogar spannend. "Creed III" ist kein Kinojuwel, aber eine weitere unterhaltsame Fortsetzung dieser langlebigen Filmreihe. Man mag es kaum zugeben, aber die "Rocky"-Saga funktioniert auch ohne Rocky. Sorry, Sly!