APA - Austria Presse Agentur

Das Traurige im Komischen: Andrea Sawatzki wird 60

Wenn Schauspielerinnen in ein gewisses Alter kommen, bleiben bei vielen plötzlich die Rollenangebote aus, auch wenn sich hier langsam ein Wandel abzeichnet. Andrea Sawatzki, die am Donnerstag (23. Februar) 60 Jahre alt wird, kann sich über wenig Arbeit nicht beklagen. Zuletzt war sie in Dories Dörries "Freibad" im Kino zu sehen, im Jänner in der ZDF-Komödie "Sterben ist auch keine Lösung". Und dann ist da natürlich Gundula Bundschuh.

Die Rolle hat sich Sawatzki, die seit mehreren Jahren auch als Autorin erfolgreich ist, quasi selbst auf den Leib geschrieben. Fünf Romane über die chaotische Familie Bundschuh stammen mittlerweile aus ihrer Feder. Das ZDF verfilmte die Geschichten und machte daraus eine ganze Reihe. Seit 2015 läuft die Familiensaga mit Sawatzki als treu sorgende Hausfrau Gundula und Axel Milberg als Ehemann Gerald in den Hauptrollen.

Die Idee dazu sei ihr rund um ihren 50. Geburtstag gekommen, erzählte Sawatzki jüngst. Als sie von allen Seiten gefragt wurde, ob sie jetzt ein bisschen kürzer treten wolle. Darüber habe sie sich total geärgert und die Fragerei als diskriminierend empfunden. "Als könne man sich nur noch mit dem Rollator fortbewegen." Sie habe dann entschieden: Statt sich darüber aufzuregen, schreibt sie besser ein Buch über eine Frau in ihrem Alter, über die sie auch selbst ein bisschen lachen kann.

Das Älterwerden treibt Sawatzki um. Äußert sie sich öffentlich dazu, erklärt sie häufig, dass es sie störe, wie in der Gesellschaft damit umgegangen wird. Kein gutes Haar lässt sie dabei an ihrer eigenen Branche. Sie erlebe immer wieder, dass großartige Schauspielerinnen ab einem gewissen Alter keine tollen Angebote mehr bekommen. Auch wenn das bei ihr nicht der Fall ist, sei sie froh, Gundula Bundschuh zu haben - eine Frau, "die in meinem Alter sein darf".

Sawatzkis Figuren haben häufig etwas Skurriles, teilweise Unergründliches an sich. Der Durchbruch gelang ihr 1997 als psychisch kranke Alma in der Ingrid-Noll-Verfilmung "Die Apothekerin". In der Rolle habe sie Katja Riemann und Jürgen Vogel für zehn Minuten an die Wand gespielt, urteilte der "Spiegel". Einem breiteren Publikum wurde Sawatzki in der Rolle der schwermütigen Hauptkommissarin Charlotte Sänger im Frankfurter "Tatort"-Krimi bekannt, die sie sieben Jahre übernahm. Dafür erhielt sie 2005 den Grimme-Preis.

Wie vielseitig sie ist, zeigt die Bayerin auch mit ihrem Talent fürs Komische, etwa mit bayerischem Dialekt in Doris Dörries Miniserie "Klimawechsel" über die Wechseljahre. In den vergangenen Jahren sah man Sawatzki häufig in Komödien, neben den Bundschuhs zum Beispiel in der ZDF-Reihe Bella über eine betrogene Ehefrau. Bei der ProSieben-Show "The Masked Singer" schaffte Sawatzki es vor eineinhalb Jahren im Axolotl-Kostüm ins Halbfinale. "Ich liebe es, Menschen zum Lachen zu bringen", sagt sie. Als eine Voraussetzung, um eine Komödie zu spielen, sehe sie aber auch eine "Traurigkeit, oder eine Einsamkeit oder eine Angst".

Einen überraschend tiefen Einblick in ihr Privates gab Sawatzki vor einem Jahr, mit ihrem autofiktionalen Roman "Brunnenstraße". Schonungslos ehrlich beschreibt sie darin, wie sie als Kind ihren an Alzheimer erkrankten Vater pflegen musste. Nach dieser schmerzhaften Erfahrung sei sie lange nicht bereit für eine Beziehung gewesen.

Das änderte sich, als ihren Schauspielkollegen Christian Berkel (65) kennenlernte. Die beiden gelten als Traumpaar der Branche, haben zwei Söhne, die mittlerweile erwachsen sind, und leben mit mehreren Hunden am Berliner Schlachtensee. Ihre Liebe zu Tieren und der Natur ist groß, zu Sawatzkis größten Wünschen zählt ein Hausschwein, seit einiger Zeit hat sie einen eigenen Hundepodcast.

Was bei ihr als nächstes ansteht? So gern sie Komödien spiele, in Zukunft würde sie gern auch wieder in ernsteren Stoffen mitspielen, sagte Sawatzki. Und auf ihrem Instagram-Account lässt sie erahnen, dass es wohl bald wieder etwas von ihr zu lesen gibt. Neben einem Foto, das sie mit Hund in Andalusien zeigt, stehen die Hashtags #andalusien #roman #schreiben. Kürzer treten klingt anders.