APA - Austria Presse Agentur

Def Leppard spielen mit Orchester "Drastic Symphonies"

Vor rund 30 Jahren hatten die britischen Hardrocker von Def Leppard nichts mit Streichern am Hut. Von "Bach, Tschaikowski und Violinen" sang Joe Elliott im 1992er-Hit "Let's Get Rocked", nur um gleich nachzuschieben: "Mach das aus, das ist nicht mein Ding." Jetzt präsentiert die in Sheffield gegründete Band gleich ein ganzes Album mit Streichern. Auf "Drastic Sympthonies" spielen Def Leppard Hits und weniger bekannte Songs mit dem renommierten Royal Philharmonic Orchestra.

Die Idee ist nicht neu. Rockveteranen wie Kiss, Metallica oder Kansas haben ihre Musik mit Orchestern neu eingespielt. "Jemand von der Plattenfirma hat das vorgeschlagen", sagt Gitarrist Phil Collen (65) im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in London. Die Band habe unter einer Bedingung zugestimmt: "Wenn wir das kontrollieren können. Wir wollen nicht, dass jemand anderes die Kontrolle über unsere Musik hat. Wir wollen unseren eigenen Arrangeur mitbringen und selbst voll involviert sein bei den neuen Arrangements der Songs."

Im Gegensatz zu anderen Künstlern haben Collen und Co. nicht nur ihre bekanntesten Songs mit Bombast unterlegt. "Wir wollten nicht nur die Hits spielen, weil viele ungeeignet waren." Der auf Kollaborationen von Pop, Rock und Klassik spezialisierte Geiger Eric Gorfain nahm am Synthesizer Demoversionen der Arrangements auf - mit enttäuschendem Ergebnis für Klassiker wie "Rock Of Ages", "Photograph" oder "Pour Some Sugar On Me". "Bei all diesen Songs hat es nicht funktioniert", sagt Collen. "Sie klangen irgendwie komisch, einfach nur albern."

Während "Let's Get Rocked" - ausgerechnet - und andere aussortiert wurden, wurde Def Leppards erfolgreichste Single für "Drastic Symphonies" zur Ballade. Joe Elliott singt "Pour Some Sugar On Me" als sanftes Duett mit Emm Gryner. Die kanadische Sängerin hatte schon vor Jahren eine ähnliche Coverversion - ganz ohne Gitarrenriffs - veröffentlicht und Collen und Co. damit beeindruckt.

Insgesamt 5 der 16 Tracks, die das RPO in den berühmten Abbey Road Studios einspielte, stammen ursprünglich vom 1987er Erfolgsalbum "Hysteria". Während der Titelsong und "Love Bites" stilistisch kaum verändert wurden, durch das Royal Philharmonic Orchestra aber etwas zusätzlich Erhebendes bekommen, ist der Rocksong "Animal" nun eine Ballade ganz ohne Schlagzeug, aber immerhin mit Gitarrensolo. "Gods Of War" wird zu einem Spektakel mit Kino-Atmosphäre.

Etwas ermüdend sind die vielen typischen Def-Leppard-Balladen, die sich alle sehr ähnlich sind, "Goodbye" (1999), "Love" (2008), "Kings Of The World" (2011) oder "Angels (Can't Help You Now)" vom kürzlich veröffentlichten Studioalbum "Diamond Star Halos". Es sind einfach zu viele Schmachtfetzen auf "Drastic Symphonies". Neben dem Kultsong "Love Bites" hätten die Powerballaden "When Love And Hate Collide" und "Have You Ever Needed Someone So Bad" sicher genügt. Spannender sind fast vergessene Songs wie "Turn To Dust" oder "Paper Sun".

Dass Sänger Joe Elliott auf einigen Tracks erstaunlich jugendlich klingt, hat einen einfachen Grund. Def Leppard haben für "Drastic Symphonies" nur wenig neu eingesungen oder eingespielt und stattdessen die alten Tonspuren aus dem Archiv genutzt. "Für manche der Alben haben wir zwei oder drei Jahre gebraucht", sagt Collen mit Blick auf die notorisch langen Prozesse unter Produzentengenie Mutt Lange in den 1980er Jahren. "Wir nehmen das doch nicht nochmal auf, denn die klingen gut, und die Leute mögen den Sound der Originale."

Bei einigen Tracks wurde die Band sozusagen chirurgisch tätig, zum Beispiel bei "Too Late For Love". "Wir haben die Gitarren entfernt", so der Gitarrist, der bei Def-Leppard-Konzerten immer noch mit freiem, durchtrainiertem Oberkörper auftritt. "Dadurch, dass wir das von einem Cello haben spielen lassen, hat sich die Dynamik auf einmal verändert." Dass manche Bandmitglieder, insbesondere Schlagzeuger Rick Allen, bei einigen Liedern gar nicht zu hören sind, störe bei Def Leppard niemanden, versichert Collen. "Es ist doch eine Ehre, wenn man vom Royal Philharmonic Orchestra repräsentiert wird."

Der 65-Jährige, der einen zweiten Teil von "Drastic Symphonies" in Aussicht stellt, träumt davon, das Projekt auch auf die Bühne zu bringen. "Das ist auf meiner Bucket List", sagt der gebürtige Londoner. "Ich würde damit gern auf Welttournee gehen." Ähnlich wie die Kollegen von The Who auf ihrer kommenden Tour will Phil Collen in jeder Stadt mit dem lokalen Orchester auftreten. "Aber dazu muss man uns auch einladen."