"Der Spatz im Kamin": Wenn Hass das Leben prägt

Subtiles Nachdenken über die Auswirkungen eines Lebens
Jedes Lächeln eine Lüge. Karen (Maren Eggert) und Markus (Andreas Döhler) leben nebeneinander. In jedem Blick lauert Hass statt Liebe, in jedem Wort der Schmerz der Einsamkeit. Die erwachsenen Töchter Johanna (Lea Zoe Voss) und Christina (Paula Schindler) und den pubertierenden Sohn Leon (Ilja Bultmann) verunsichert das zutiefst. Ab Freitag im Kino.

Trotz allem soll der anstehende Geburtstag des Vaters im idyllisch gelegenen Haus am Wald groß gefeiert werden. Karens Schwester Jule (Britta Hammelstein) reist extra mit ihrer Familie an. Und da ist auch die geheimnisvolle Liv (Luise Heyer) aus dem Gartenhaus. Doch unbeschwerte Feierlaune stellt sich nicht ein. Ganz im Gegenteil.

Gesten stärker als Worte

Maren Eggert ("Ich bin Dein Mensch") fasziniert in der Rolle der Karen. Mehr mit Blicken und Gesten als Worten lässt sie ins Innere einer verunsicherten Frau blicken, zeigt deren seelische Verletzungen. Sie resultieren vor allem aus althergebrachten Lebensregeln, die Männern mehr Selbstbestimmung zugestehen als Frauen. Maren Eggert lässt das Publikum gänsehautträchtig mitfühlen, was das heißt. Mit ihr agieren exzellente Schauspielgrößen. Britta Hammelstein und Luise Heyer beispielsweise begeistern ebenfalls mit facettenreichen Charakterstudien.

Der Schweizer Regisseur Ramon Zürcher hat das Drehbuch geschrieben, Regie geführt und das kunstvolle Kammerspiel geschnitten. Sein Bruder Silvan hat produziert. Es ist nach "Das merkwürdige Kätzchen" und "Das Mädchen und die Spinne" der dritte Spielfilm der Zwillinge zum Thema Familienalltag. Subtil denken sie über die Auswirkungen eines Lebens im Bann von Hass und Gleichgültigkeit statt Liebe nach. Das ist überaus wirkungsvoll. Die nuancierten Charakterstudien des Schauspielensembles sorgen dafür, dass der Film über das Private hinaus auf gesellschaftliche Zustände verweist.

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