Dokuspezialist Hanno Settele wird 60

Settele sorgte etwa mit seinen "Wahlfahrten" für Aufsehen
Unkonventionell, ohne Blatt vor dem Mund und mit einem Augenzwinkern geht Hanno Settele seit bald zehn Jahren für die ORF-Reihe "Dok 1" gesellschaftspolitischen Themen auf den Grund. Daneben sorgte der Journalist etwa als "Wahlfahrt"-Chauffeur und als "Kurier des Kaisers" für Aufsehen. Auch den Mars galt es für den früheren USA-Korrespondenten theoretisch zu besiedeln. Am 12. August wird Settele 60 Jahre alt.

Blackout, Verschwörungserzählungen, das Streitobjekt SUV, Hexen oder auch der "Traumjob Influencer": Settele wird angesichts der breiten "Dok 1"-Themenpalette wohl kaum langweilig. Jedem Thema nähert er sich dabei aufs Neue mit Neugier und ist erpicht darauf, dass es für die Zuseherinnen und Zuseher nicht zu trocken wird. Seine Mittel dagegen: Spitze Fragen und auch der eine oder andere Selbstversuch. So versuchte er sich für eine Ausgabe als Schlagerstar ("Ich steh auf der Bühne wie ein nasser Schlauch") oder ließ seinen Alltag aus Umweltperspektive durchleuchten.

Abseits seiner mit guten Quoten honorierten "Dok 1"-Auftritte stellte Settele seine Fahrkünste unter Beweis. Er chauffierte in den 2010er-Jahren für das Interviewformat "Wahlfahrt" im Vorfeld dreier großer Wahlen Spitzenpolitikerinnen und -politiker in einem alten Mercedes durch die Gegend, um ihnen in ungewohntem Setting auf den Zahn zu fühlen und zu eruieren, wer ihm beim Tanken hilft und wer es sich lieber doch weiter auf dem Beifahrersitz gemütlich macht. Für Aufsehen sorgte dabei speziell ein Interview mit dem unangeschnallten Frank Stronach, da dieser laut über die Einführung der Todesstrafe für Berufsmörder nachdachte. 2021 wurde das Format neu belebt, wobei Settele Bürger (nicht Politiker) im Tesla (nicht Mercedes) begrüßte und sich anhörte, was sie vom Zustand der Republik halten. Die Stimmung der Fahrgäste war dabei "generell stark durchwachsen", erinnerte er sich.

Geboren wurde Settele am 12. August 1964 in Dornbirn als deutscher Staatsbürger. Zwar bemühten sich seine Eltern um die österreichische Staatsbürgerschaft für ihn, doch soll seinem aus München stammenden Vater auf der Bezirkshauptmannschaft laut Settele gesagt worden sein: "An Piefke brauch' ma ned."

Nach einem nicht abgeschlossenen Jus-Studium zog es ihn als Sportreporter zur "Kronen Zeitung". Bald schon wechselte er aber zum ORF, dem er seit 1990 treu ist. Zunächst betätigte er sich im Landesstudio Vorarlberg, ab 1994 aber schon als innenpolitischer Radioredakteur in Wien. Nach einem Ausflug zum "Report" wurde er 1999 stv. Innenpolitikressortleiter beim Radio. Knapp nach der Jahrtausendwende trieb es ihn zur "Zeit im Bild", wo er von 2001 bis 2003 stv. Ressortleiter für "Inland/EU" und kurzzeitig auch Chefreporter war.

2003 ging er in die USA, wo er als ORF-Korrespondent in Washington arbeitete. Nach mehreren Jahren machte er einen kurzen Zwischenstopp in der Innenpolitik-Redaktion der "ZiB", um 2007 erneut in die USA zu ziehen, wobei er dieses Mal bis zu seiner Rückkehr 2012 als Leiter des ORF-Büros agierte. In Erinnerung aus Setteles Zeit in den USA sind etwa seine Berichte von den verheerenden Auswirkungen des Hurrikan Katrina. Dabei schlug er sich mit seinem eigenen Wohnwagen in das weitgehend zerstörte New Orleans durch.

Bei seiner Rückkehr gefragt, ob ihm die USA fehle, antwortete er "Eigentlich gar nicht" und hatte schon bald Erfolg mit diversen Info(tainment)-Formaten. Neben "Dok 1" und den "Wahlfahrten" betätigte er sich etwa als "Kurier des Kaisers". Dabei evaluierte er 2018 im Rahmen von Porträts die neun Bundesländer, da Kaiser Robert Heinrich I. (gespielt von Robert Palfrader) in Geldnot eines davon verkaufen wollte. 2020 hieß es für Settele "Auf zum Mars!". Nicht weniger als die ganze Nation sollte auf den roten Planeten übersiedelt werden, wobei zunächst dafür geklärt werden musste, wie Österreich überhaupt tickt. Settele selbst würde übrigens seine "Familie, Bier, das österreichische Wasser und ein, zwei Bücher von Friedrich Dürrenmatt oder Max Frisch mitnehmen", sagte er damals in einem Interview.

Weniger glücklich verliefen für Settele eine Bewerbung als Leiter des ORF-Landesstudios Vorarlberg wie auch ein Kurzausflug auf die Theaterbühne. 2015 spielte er im Dokumentarstück "My Life as a Terrorist" einen Journalisten, der einen Terroristen interviewt. "Ein großer Schauspieler ist nicht an mir verlorengegangen", kommentierte er selbst seine Darbietung.

Sehr wohl wurde hingegen seine Leistung als Journalist mit Hang zum Infotainment gewürdigt. 2018 wurde er zum Journalisten des Jahres in der Kategorie "Unterhaltung" gewählt, 2023 erhielt er gemeinsam mit Lisa Gadenstätter für "Dok 1" eine Romy in der Kategorie TV-Journalismus.

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