"Golda": Israels dunkelste Stunde

Mirren spielt in "Golda" Israels Regierungschefin Golda Meir
Als Helen Mirren in "Die Queen" die englische Königin im Kino spielte, erinnerte sie uns daran, dass das Haupt, das die Krone drückt, schwer ruht. In Guy Nattivs "Golda - Israels eiserne Lady" ruht ihr Kopf nicht weniger schwer. Die wunderbare Britin spielt Israels Regierungschefin Golda Meir in ihrer dunkelsten Stunde - die bis in die Gegenwart andauert. Ein Stück israelisches Nationalkino, ab Donnerstag auf den heimischen Leinwänden.

Bei der "eisernen Lady" werden viele an die britische Premierministerin Margaret Thatcher denken. Doch schon vor ihr hatte Israel seine eigene, gefeierte und geschmähte Staatsfrau in Golda Meir. Der Israeli Guy Nattiv, der 2019 für seinen Kurzfilm "Skin" einen Oscar gewann, schlägt sich in "Golda" auf ihre Seite. Er zeigt sie als eine unnachgiebige Zionistin und Heldin, die einen hohen Preis für ihre Courage bezahlte.

Helen Mirren, versteckt unter einem Berg von gepolstertem Stützfleisch, trägt eine graue Perücke mit Dutt, eine falsche Nase und orthopädische Schuhe, was den Eindruck erweckt, als wäre Meir eine nette, kleine Oma. Aber die "Großmutter Israels", wie sie auch genannt wurde, war gar nicht so großmütterlich. Die Premierministerin, die Israel durch den fast dreiwöchigen Jom-Kippur-Krieg steuerte, war eine harte Politikerin und gewiefte Verhandlungspartnerin. In einer Szene in "Golda" will US-Außenminister Henry Kissinger (Liev Schreiber) sich nicht mehr als notwendig in den Konflikt, der vor Meirs Haustüre tobt, einmischen. Da tischt sie ihm selbst gemachten Borschtsch auf, und natürlich sagt er ihr die Unterstützung der USA zu.

"Ein Krieg kommt", sagt der Mossad-Chef (Rotem Keinan) zu Beginn des Films. "Natürlich kommt ein Krieg", antwortet Meir. "Die Frage ist nur, wann." Dass er ausgerechnet am höchsten Feiertag der Juden, an Jom Kippur kommt, das glaubt das Kabinett von Meir nicht. Ihr Bauchgefühl sagt ihr etwas anderes, aber sie folgt dem Rat, was sie später bereuen wird. Am 6. Oktober 1973 wird Israel von Syrien und Ägypten an zwei Fronten gleichzeitig überrascht. Die Folgen sind fatal. Meir wird nach dem Krieg zurücktreten. Sie hätte die Warnzeichen ignoriert, heißt es, nicht schnell genug gehandelt.

Die ersten Tage des Krieges sind schwierig und schmerzhaft. Die Schreie der Soldaten an der Front werden größtenteils per Funkübertragung miterlebt. Jeden Verlust kritzelt Meir in ihr kleines Notizbuch. Sie ist oft die einzige Frau in einem Bunker voller Männer, die ihr gerne die Schuld an allem geben würden. Vieles hier erinnert an Joe Wrights preisgekröntes Churchill-Drama "Die dunkelste Stunde" (2017). Die dicken Gesichtsprothesen, die Kabinettssitzungen, das Kammerspiel. Die Geschichte spielt sich fast ausschließlich in einem verrauchten War-Room-Szenario ab, und Meirs Kettenraucherei wird zum dramaturgischen Mittel.

Die meiste Zeit über ist sie in eine Wolke von Zigarettenqualm gehüllt, egal, ob sie gerade Strahlentherapie gegen ihren Krebs bekommt oder im Sterben liegt. Zigaretten und Zippo sind wie Waffen zwischen Goldas Fingern. Wenn sie auf den Tisch haut, dann tut sie das natürlich mit einem Aschenbecher. Irgendwann steigt eine große Rauchwolke von ihrem Kopf auf, während sie im Bett liegt. Der Körper dieser Frau ist ein Kriegsschauplatz.

Als solches ist Nattivs bewundernde Zeichnung dieser Politikerin ungemein interessant (und mit Helen Mirren hat er sowieso einen Coup gelandet), aber am Ende erfahren wir im Grunde nicht viel über Golda Meir, schon gar nicht über ihre Ansichten zu Palästina. Berühmt ist ihre Aussage "so etwas wie ein palästinensisches Volk gibt es nicht", die Israels rechtsextremer Finanzminister Bezalel Smotrich 2023 wiederholte. "Golda" erzählt am Ende nicht so sehr die Geschichte von Golda, sondern ist vor dem Hintergrund des 7. Oktobers 2024 eine bittere Erinnerung daran, wie lange diese "dunkelste Stunde" bereits dauert.

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