Ursprünglich hatten es Patrick Dykstra die Blauwale angetan, die größten Tiere, die jemals auf diesem Planeten gelebt haben. Ein maßstabsgetreues Modell in einem Museum brachten den US-Amerikaner schließlich zu seiner Profession, in der er den Größten unter den Giganten um den halben Erdball nachjagte. Aber als er sie nach langer Zeit schließlich ausfindig macht, bleibt der Kontakt zu den Blauwalen eher distanziert. Die wirklichen Lebenstiere des Kenners der Meeressäuger sind stattdessen die Pottwale geworden, die weit sozialer agieren als ihre großen Verwandten.
Über die Jahre hinweg hat Dykstra gelernt, wie er sich gefahrlos den Walen nähern kann, wie sie einzuschätzen sind, wie sie "ticken". Doch niemand ist dabei wie Dolores. So hat der Walkundler ein junges Weibchen getauft, dem er 2019 vor Dominica begegnet ist und die damals neugierig auf Kontaktsuche zu ihm ging - eine für Dykstra verstörende und berührende Begegnung. Er möchte Dolores unbedingt wieder ausfindig machen, sieht er ihre Bindung doch als die Möglichkeit, an ihr eine Kamera anzubringen, die mit dem Wal in die Untiefen des Meeres zur Jagd reisen kann und einzigartige Bilder liefern soll. Doch Dolores ist mittlerweile auf Paarung aus und ignoriert Dykstra.
Der wendet sich enttäuscht einem zweiten Exemplar zu, das er als einzig weiteres für so zutraulich hält, dass man die Kamera platzieren könnte - ein Weibchen mit dem etwas eigenen Namen Can Opener. Und tatsächlich gelingt Dykstra, seine Gerätschaft auf der Walkuh zu fixieren. Doch die nimmt ihm das übel, hat er den Eindruck.
Eigentlich müsste der Dokumentarfilm von Regisseur Mark Fletcher ja eher "Patrick and the Whales" heißen. Zugleich sind die Parallele zum oscargekrönten "My Octopus Teacher" über die Bindung eines Menschen zu einer Oktopusdame unübersehbar - vielleicht auch kein Zufall, ist doch der betreffende Regisseur James Reed bei "Patrick and the Whale" als Executive Producer mit an Bord. Anders als "Octopus Teacher" setzt die Walvariante jedoch auf berückend ästhetische Aufnahmen, die teils surreal anmuten, wenn am Ende die Kamera gedreht wird, während Dykstra mit einer Waldame an der Meeresoberfläche schwimmt und so eine verkehrte Welt zweier den Gesetzen der Schwerkraft enthobener Kreaturen zeigt.
Damit schwang sich "Patrick and the Whale" zu einem der erfolgreichsten österreichischen Dokumentarfilme der letzten Jahre auf, der unter beim Innsbrucker Nature Film Festival und dem Mountainfilm Festival in Graz gewürdigt wurde. Und doch handelt es sich dabei letztlich weniger um das Porträt eines Wales als das eines Mannes, der sich einer Mission verschrieben hat. Dykstra hat von seiner Seite eine enge emotionale Bindung zu den Tieren aufgebaut. Ob diese enge Bindung auf der anderen Seite ebenso vorhanden ist, diese Frage bleibt für den Zuschauer eher offen.