Regisseur Kren drehte Komödie über "Wiener schwarze Luft"

Der Regisseur legt seinen wohl persönlichsten Film vor
Wenn zeitgenössische Kunst auf die Wiener Unterwelt trifft und mittendrin Frederick Lau als gutmütiger Antiheld durch die Nacht streift, dann treibt "Der weiße Kobold" sein Unwesen: Erfolgsregisseur Marvin Kren hat so seine erste Komödie betitelt, die am 3. April (20.15 Uhr) auf ORF 1 zu sehen ist. Mit der APA sprach Kren über den Reiz des Genres, seine persönlichen Bezüge und die Messbarkeit von Erfolg.

APA: "Der weiße Kobold" ist Ihre erste Komödie, wenngleich keine klassische. Was hat Sie an diesem Genre gereizt?

Marvin Kren: Retrospektiv betrachtet ist es durchaus mein persönlichster und mein liebster Film - und zum Glück ein lustiger. Entstanden ist er in der Coronalockdownphase. Es waren ja nicht unbedingt die hellsten Zeiten damals. Meine Frau hat mich aufmerksam gemacht auf den Film "After Hours" von Martin Scorsese, den wir beide sehr lieben. Es ist eine skurrile Nacht im New York der 80er-Jahre. Sie meinte: "Da ist alles drinnen, was du auch erzählen könntest mit deiner Wiener Herkunft und deiner Lust auf lustige Stoffe. Denk dir da was aus!" Hab ich. (lacht) Ich wollte eine Komödie machen, die als Hauptprotagonist die Wiener schwarze Luft hat. Die Nacht in Wien ist etwas Besonderes. Sehr viele Momente, Begebenheiten und Personen haben ganz viel mit meinem Leben zu tun. So war etwa die Kunst von Martin Grandits, mit dem ich auch befreundet bin, stilprägend für den ganzen Film.

APA: Sie bringen die Kunstszene mit der Unterwelt zusammen. Was verbindet diese Milieus?

Kren: Der Künstler und der Verbrecher leben abseits der Norm und sind im Grunde genommen Anarchisten. Der eine strafrechtlich gesehen, der andere im Geiste. Dadurch gibt es durchaus eine Verwandtschaft. Aber ich sehe sie nicht unbedingt als Brüder oder Schwestern. (lacht)

APA: Eine wesentliche Rolle spielen verschiedene Lokalitäten, vom Naschmarkt über das Tanzcafé Jenseits. Haben Sie den Film rund um diese Orte konstruiert?

Kren: Ich habe Orte gewählt, mit denen ich total verbunden bin. Im Jenseits war mein Vater eine Zeit lang Geschäftsführer, und ich habe wilde, lustige Nächte dort verbracht. Das Palais Rasumofsky wiederum lag auf meinem Schulweg. Wenn ich daran vorbeigegangen bin, habe ich immer überlegt, was da drinnen wohl passiert. Da reinzukommen war also etwas ganz besonderes. Der Aspekt der Spedition wiederum kommt davon, dass mein bester Freund aus einer Speditionsfamilie stammt. In jeder Facette steckt etwas, das aus meinem Leben kommt und das ich reingemixt habe in dieses Gulasch.

APA: Oft heißt es, dass eine gute Komödie am schwierigsten zu realisieren sei. Würden Sie das unterschreiben?

Kren: Eigenlob stinkt ja, deshalb kann ich nicht sagen, ob es gelungen ist. Ich persönlich mag meinen Film sehr. Ich kann mir schon vorstellen, dass es eine sehr schwierige Herangehensweise ist. Wie bei jedem Film ist es wichtig, dass man das, was man erzählt, in irgendeiner Form kennt. Und der persönliche Ansatz ist in diesem Film mehr als gegeben. Die Komödie lebt ja von Stereotypen, aber du musst sie in so einem Licht zeigen, dass es dem Zuseher Spaß macht und er eine Figur sieht, die er einerseits schon kennt, ihn aber auch neu überrascht.

APA: Viele Schauspieler kennt man aus anderen Projekten von Ihnen, nicht zuletzt Hauptdarsteller Frederick Lau...

Kren: Er ist sozusagen mein Lebenspartner als Schauspieler gerade. Für Netflix drehen wir die große Serie "Criminal", ein Gangsterroadmovie zwischen Berlin, Wien und Marseille, das unsere vierte Zusammenarbeit ist. Wir vertrauen einander extrem, was für das Verhältnis zwischen Schauspieler und Regisseur sehr wichtig ist. Üblicherweise bereiten wir uns auf die Projekte sehr genau vor, glaubt man gar nicht. (lacht) Aber für den "Kobold" haben wir nicht so viel gesprochen, ich habe ihn einfach reingeschmissen in diese skurrile Nacht, und er ist staunend durchgelaufen.

APA: Wie ist Ihr Verhältnis zu zeitgenössischer Kunst?

Kren: Ich bin in einer Künstlerfamilie groß geworden. Meine Großmutter Hildegard Absalon war im Umfeld der Wiener Gruppe und war selbst eine tolle Künstlerin. Ich bin in dieser Welt, in diesen Codes aufgewachsen - wie man darüber spricht, wie man leidet. Mir war das immer sehr vertraut, als Kind mochte ich es aber nicht besonders. Ich fand es kompliziert, wie damals die Erwachsenen waren. Wenn man heranwächst und die Welt besser kennenlernt, versteht man das dann. Später hatte ich dann einen sehr interessanten Nachmittag mit jungen Künstlern von Martin Grandits bis Yung Hurn. Dieses Konglomerat war so, wie ich damals als Kind die Erwachsenen gesehen habe. Es hört nicht auf, es sind immer die gleichen Leiden, der gleiche Spaß, der gleiche Rausch, der gleiche Irrsinn. Wie Künstler leben, was sie begleitet, was sie ausmacht, ist einfach etwas ganz Besonderes. Zugleich mache ich mich im Film aber auch lustig über das Geschäftsgehabe der Kunstwelt. Wann ist ein Künstler heiß, was ist er wert, und wer entscheidet das? Am Ende ist das ein ganz großer Geschäftszweig.

APA: Wie messen Sie selber den Erfolg Ihrer Arbeit? An Quoten und Abrufzahlen?

Kren: Ehrlich gesagt bin ich müde davon. Ich bin glücklich, dass ich viel arbeiten kann und das ausüben darf, was ich gerne mache. Das ist die schönste Belohnung. Und dass die Kinder gesund sind. Das reicht mir. Vor allem freue ich mich, dass diese kleine Perle vom "Kobold" jetzt rauskommt. Und wenn er ein paar Leuten gefällt, dann ist mir viel gelungen.

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)

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