"Rumours": Ein G7-Treffen mit gatschigen Moorleichen
Am Anfang ist für die hochrangige Runde im Park von Schloss Dankerode in Deutschland alles so, wie es bei einem G7-Treffen eben ist: Sie schütteln Hände, tauschen nette Worte aus und posieren mit einer ausgegrabenen, gatschigen Moorleiche für die Presse. Doch kaum ziehen sich die wichtigen Persönlichkeiten rund um die deutsche Bundeskanzlerin - verkörpert von Hollywoodstar Cate Blanchett - in einen Pavillon am idyllischen Teich für ein Arbeitsessen zurück, fangen die Probleme an. Der sensible kanadische Premier (Roy Dupuis) ertränkt private Sorgen in Wein, der US-Präsident brabbelt wirres Zeug im Schlaf und dem französischen Premier werden Notizzettel voller leerer Phrasen weggeweht.
Nichts, absolut gar nichts, geht an der Erklärung voran, und schon ist es Nacht. Der Wald leuchtet bedrohlich, und die Politiker sind plötzlich auf unerklärliche Weise mutterseelenallein. Nur die Moorleichen, die wankend im Wald herumstehen und ihr Geschlechtsteil eher ruppig bearbeiten, leisten ihnen unerwünschte Gesellschaft. Der einzige Weg zurück in die Zivilisation - so sie noch steht - führt durch die Wälder. Zu schade, dass keiner der Staatenlenker vor Führungsqualitäten strotzt und auch noch ein KI-Chatbot in die Quere kommt.
"Rumours" funktioniert als schwarze Komödie mit einem leichten Schuss Horror, die stark von der Skurrilität ihrer Charaktere lebt. "Rumours" funktioniert aber auch als augenzwinkernde Hommage an das (Trash-)Kino. Maddin und die Johnson-Brüder wühlen sich mit viel Kinoliebe durch verschiedenste Genres sowie Epochen und würzen ihr eigenes Werk damit. An fast jeder Ecke warten dadurch seltsam vertraute Eindrücke.
Fans von Guy Maddins Filmen ("The Green Fog") könnten von "Rumours" aber etwas überrascht sein. Der Streifen fällt für den Regisseur sehr geradlinig aus und weist keine größeren experimentellen Kniffe auf. Die Bilder sind zwar ungewöhnlich weichgespült, das Setdesign lustig artifiziell und die Musik zu dick aufgetragen, doch verzichtet Maddin mit seinen Co-Regisseuren etwa auf eine (grobe) Bearbeitung des Filmmaterials, eine Ästhetik des frühen Kinos und eine verträumt-verworrene Handlung.
Damit eignet sich "Rumours" trotz kurzer Durchhänger auch dank schauspielerischen Zugpferden wie Blanchett als Einstieg in das Werk der experimentierfreudigen Filmemacher. Wer aber die volle Dröhnung Kinowahnsinn möchte, sollte etwas tiefer graben - an den Moorleichen vorbei.
(S E R V I C E - "Rumours" am Freitag um 12.15 Uhr im Gartenbaukino. www.viennale.at/de/film/rumours)
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