Verurteilter ohne Schuldspruch: Kevin Spacey wird 65
Es ist nur wenige Jahre her, da war Kevin Spacey der Liebling der Massen, gefeiert und willkommen, wo er auch hinkam. Doch dann kam der Herbst 2017. Im Zuge der MeToo-Debatte wurden Vorwürfe von sexuellen Übergriffen und Belästigung gegen den Oscar-Preisträger ("American Beauty") laut - in mehr als 30 Fällen. Spacey wurde fortan in einem Atemzug mit Sexualstraftäter Harvey Weinstein genannt. Ein Absturz, wie er tiefer kaum möglich ist.
Bis dahin ging es für Spacey 30 Jahre lang steil bergauf - dank seines unvergleichlichen Talents vor allem für Rollen mit dunklen Geheimnissen. Seinen Durchbruch im Film hatte er als Serienmörder in "Sieben". 1996 erhielt er den Nebenrollen-Oscar für "Die üblichen Verdächtigen" und vier Jahre später die Auszeichnung als bester Hauptdarsteller in "American Beauty". Für seine grandiose Darstellung des US-Politikers Frank Underwood im Netflix-Megaerfolg "House of Cards" bekam er einen Golden Globe.
Doch im Lichte der Enthüllungen gegen Filmmogul Harvey Weinstein warfen mehrere Männer Spacey sexuelle Übergriffe vor. "Meine Welt hat sich im Herbst 2017 komplett verändert", sagte Spacey darüber einmal. "Mein Job, viele meiner Beziehungen, mein Ansehen in meiner eigenen Industrie - all das war innerhalb von Stunden weg", resümierte er.
Netflix beendete die Zusammenarbeit bei "House of Cards" und verklagte Spacey auf Schadenersatz, nachdem Beschwerden von Mitarbeitern am Set über ihn aufgekommen waren. Szenen mit Spacey in dem Thriller "All The Money in the World" (Alles Geld der Welt) wurden nachträglich entfernt. An neue Rollen war nicht mehr zu denken.
Im ersten großen Prozess ging es um Vorwürfe von Schauspieler Anthony Rapp. Rapp hatte Spacey beschuldigt, 1986 bei einer Party sexuell übergriffig geworden zu sein und ihn verletzt zu haben. Rapp forderte Schadenersatz. Doch Spacey gewann den Prozess, die Jury in New York entschied 2022 einstimmig, dass er nicht schuldig sei.
Zu demselben Ergebnis kam im vergangenen Jahr eine Jury in London, wo vier Männer Spacey Sexualstraftaten vorgeworfen hatten. Zwei weitere Zivilklagen in den USA wurden zurückgezogen.
Freisprüche bedeuten nicht zwangsläufig Unschuld. Gerade bei Prozessen zu sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen ist es extrem schwierig für die Anklage, Taten im Nachhinein nachzuweisen. In welchem Ausmaß Spaceys Verhalten justiziabel war, wird wohl niemals eindeutig geklärt.
Seine Homosexualität hatte Spacey lange verschwiegen. "Ich habe Dinge ausprobiert, aber ich wollte mir nicht eingestehen, wer ich war. Ich hatte panische Angst, es herauszufinden", sagte er dem "Zeit"-Magazin 2023. Zu seiner Karriere sagte er damals, es gebe keine Schule, an der man lernen könne, wie man mit Ruhm umgehe. "Ich habe wirklich versucht, kein Arschloch zu sein. Aber ich glaube, in gewissem Maße war ich ein Arschloch."
Die großen Anschuldigungen sind rechtlich zumindest vorerst vom Tisch. Doch das gesellschaftliche Urteil über Spacey ist weiterhin relevant. Bis auf kleine Rollen liegt seine Karriere brach. Kürzlich sorgte ein Interview mit dem britischen Talker Piers Morgan für Aufsehen. Hier erzählte Spacey, er sei durch die Kosten für Anwälte und ausbleibende Einnahmen verarmt, habe Millionen an Schulden und deshalb sein Haus verkaufen müssen.
"Ich kann die Rechnungen nicht bezahlen, die ich schulde", sagte er. Er wisse auch nicht, wo er nun wohnen werde. Morgan fragte ihn, was er nun tun werde. Eine Pause. "Wieder aufs Pferd steigen. Wieder aufs Pferd steigen", sagt Spacey, sichtlich erschüttert, am Rande der Tränen, mitleiderregend. Seine Kritiker würden wohl sagen: filmreif.
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