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Mikropenis: Wie groß ist er und wie gehen Betroffene damit um?

Was ist eigentlich ein Mikropenis? Wie groß ist er per Definition und wie sieht das Sexleben von Betroffenen aus?

Wir erinnern uns an eine Szene aus "New Girl": Jess datet einen Mann mit Mikropenis. Sie findet seine Persönlichkeit ziemlich uncool, möchte ihn aber nicht gleich abservieren, damit er nicht denkt, dass es an seiner Penisgröße liegt. Zwischenzeitlich diskutiert sie das Thema mit allen anderen: Wie geht man mit einem Mikropenis um? Wie geht es Männern damit? Und wie sieht Sexualität für die Betroffenen aus?

Um diese Fragen zu klären, haben wir bei Dr. Erik Randall Huber nachgefragt. Der Wiener Urologe und Sexualmediziner hatte in seiner Wiener Gemeinschaftspraxis noch nie mit Patienten zu tun, die einen Mikropenis haben – sehr wohl aber mit besorgten Eltern, die ihren Söhnen ein völlig falsches Männlichkeitsbild mitgeben. 

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Wie viele Menschen haben einen Mikropenis?

"Den medizinisch definierten Mikropenis gibt es quasi nicht. Es gibt zu diesem Thema keine wirklich brauchbaren Zahlen", erklärt Dr. Randall Huber. "In den letzten zehn Jahren sind uns noch nie Patienten mit medizinisch definiertem Mikropenis untergekommen", bekräftigt der Urologe. Nur zur Veranschaulichung: Die Gruppenpraxis werde von ca. 25.000 Patienten im Jahr aufgesucht, darunter sind etwa 65 Prozent Männer und fünf Prozent Buben. 

Eine überraschende Antwort, schließlich kennen wir zumindest FreundInnen oder FreundInnen von FreundInnen, die schon einmal damit konfrontiert waren. Aber damit wir hier alle vom selben sprechen: Wie groß ist ein Mikropenis per Definition?

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Wie groß ist ein Mikropenis?

"Das wäre ein Penis in erigiertem Zustand unter sieben Zentimeter, gemessen vom Schambein bis zur Eichel", so der Mediziner. 

Die Standardnorm eines Penis betrage im erigierten Zustand 13 bis 17 Zentimeter. "Unter sieben Zentimeter würde man von einem Mikropenis sprechen", erklärt Dr. Randall Huber. 

Dabei dürften Mikropenisse nicht mit dem sogenannten "buried Penis", was so viel wie "vergrabener Penis" heißt, verwechselt werden, betont der Urologe. "Dabei verliert der Penis durch das Fettgewebe des vermutlich übergewichtigen Kindes oder Mannes optisch an Länge."

"Manche Männer kommen in die Praxis in dem Glauben, ihr Penis sei zu klein. Man lässt sie dann nochmal alleine nachmessen und klärt danach auf. Es gibt aber noch eine weitere Gruppe, die weiterhin unzufrieden ist, wobei eine Psychotherapie helfen kann, sich selbst und seinen Körper anzunehmen", so der Mediziner. 

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Mikropenis: Wie geht es Betroffenen?

Wie schon erwähnt: Betroffene gibt es per Definition quasi keine. "Was sich aber hingegen sehr wohl beobachten lässt, sind unglaublich viele Mütter, die in die Praxis kommen, die befürchten, ihr Sohn hat einen zu kleinen Penis oder einen Mikropenis. Dieses Verhalten ist problematisch, da den Buben schon in jungen Jahren eingetrichtert wird, dass etwas mit ihrem Penis nicht stimmt. Was das in den Kindern auslöst, können wir gar nicht abschätzen", erklärt der Urologe.

Jeder Penis eines Kindes, der laut Studien "zu klein" sei beziehungsweise von der Standardnorm abweiche, entwickle sich im Regelfall in der Pubertät soweit, dass er wieder in den Normbereich fällt, so der Mediziner. 

"Das ist ein großes Problem, weil ohnehin viele der Männer denken, ihr Penis sei zu klein, was wiederum zu sexuellen Funktionsstörungen führen kann", so Dr. Randall Huber. Jede Versagensangst könne zu einer Erektionsstörung oder zum vorzeitigen Samenerguss führen. "Auch über pornographische Angebote und über Peers wird ein zu hoher Performancedruck ausgeübt."

Penisgröße: Beeinträchtigung durch Hormonstörung

Es gäbe einige seltene Erkrankungen, die die Entwicklung des Penis negativ beeinflussen, erklärt Dr. Randall Huber: "Etwa Störungen der Testosteronbildung oder die partielle Androgendeffizienz. Jedes Hormon muss irgendwo andocken, um seine Wirkung zu entfalten. Diese Rezeptoren können bei ganz wenigen Menschen so schlecht ausgebildet sein, sodass das Testosteron nicht ausreichend wirken kann."

Das könne zu einem gestörten Peniswachstum führen, was aber äußerst selten sei.

Wie sieht es mit Penisvergrößerungen aus?

"Bei einem Mikropenis gibt es relativ wenig Möglichkeiten, ihn zu vergrößern", meint der Urologe. Die Penisform und die Penisgröße seien vorgegeben. "Man kann die Penishaltebänder durchtrennen, dann würde der Penis im schlaffen Zustand optisch verlängert werden aber in der Funktion ist dieser eingeschränkt. Auch Vorhaut-Unterspritzungen mit Fett wären möglich, damit sich der Penis dicker anfühlt." Oft sei das Ergebnis dabei optisch unbefriedigend und die Männer unglücklicher als zuvor.

"An der Größe im erigierten Zustand kann man nichts ändern – die Größe des Schwellkörpers ist individuell vorgegeben", sagt der Urologe.

Eine Penis-Prothese mit Einritzen der Schwellkörperhaut wäre zwar eine Möglichkeit. "Ich persönlich würde das aber aus ethischen Gründen nie vornehmen, da ein gesundes Organ durch die Operation zerstört wird", betont der Mediziner. Die Prothese halte auch nur zehn Jahre und kann meist auch nur zweimal eingesetzt werden.

"Wir implantieren die Penis-Prothese nur bei Erektionsstörungen, die so ausgeprägt sind, dass nichts anderes hilft. Das kommt aber auch äußerst selten vor."

Mehr Infos und Anlaufstellen:

Falls du Beratung oder medizinischen Rat brauchst: Dr. Erik Randall Huber findest du in seiner Gruppenpraxis www.urologenzentrum.at.

Bei psychischen Problemen:

Wenn du mit akuten Problemen zu kämpfen hast, kannst du dich auch jederzeit an die Telefonseelsorge unter 142 wenden – rund um die Uhr erreichbar, kostenlos und anonym.

Wenn ihr auf der Suche nach einem Therapieplatz seid, könnt ihr euch hier informieren. 

Folgende Anlaufstellen sind für den Raum Wien relevant: