Ich habe einen Daddy gedatet: Freud lässt grüßen

Unsplash / Ungeniert

Freud lässt grüßen: So war der Sex mit einem Daddy

Daddys können ganz schön sexy sein! Aber wie ist es, Männer zu daten, die um einiges älter sind als man selbst?

Um das Thema Sex und Lust zu enttabuisieren, haben wir das neue Format "ungeniert - Lippenbekenntnisse der Redaktion" ins Leben gerufen. Dieses soll einen informativen 'Safe Space' zur Aufklärung bieten. Es erscheint zweimal monatlich auf k.at.

Niemals hätte ich Daddy-Issues bei mir selbst vermutet. Erst als ich mit meinem fast doppelt so alten Lover auf der Couch chillte und an Sigmund Freud denken musste, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Was in Film und Fernsehen sexy und aufregend dargestellt wird, ist natürlich auch in der Realität sehr spannend. Aber ein Schelm, wer denkt, es gehe bei einer Beziehung mit großem Altersunterschied nicht um Macht-Dynamik.

Seit ein paar Jahren ist der "Daddy"-Begriff fest im Mainstream verankert und wird, abgesehen von der ursprünglichen Beschreibung eines Vaters, laut "Urban Dictionary" auch für sexuelle Partner oder im Beziehungs-Kontext verwendet. Fast schon selbstverständlich wird auf Twitter gepostet, dass Männer wie Tom Hardy, Daniel Craig oder Bradley Cooper "Daddys" seien. Dabei wird eigentlich nur darauf hingewiesen, dass diese ob ihres höheren Alters noch immer höchst attraktiv sind und eine gewisse Autoritätsfigur darstellen.

Wer war also mein Daddy?

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Ich war Studentin, er hatte seine eigene Firma. Meine Miete bezahlten meine Eltern, er besaß eine Eigentumswohnung. Ich trank Doppelliter-Weißwein-Spritzer, er konnte auf seinen erlesenen Weinvorrat zählen.

Wir lernten uns über gemeinsame Freund:innen kennen, da wir in ähnlichen "Kreisen" verkehrten. Er fiel mir auf, weil er sehr gut aussah und abgeklärt wirkte – was vielleicht mit seinem reiferen Alter zu tun hatte. Er schien auch an mir interessiert, ob das hauptsächlich an meinem jugendlichen Esprit lag, kann ich bis heute nicht sagen.

Leonardo DiCaprio für arme .. Student:innen

Fakt war: Wir fühlten uns stark voneinander angezogen und es war eigentlich schon beschlossene Sache. Man munkelte, dass die Frauen, mit denen er gerne verkehrte – meistens unter 25 – auf jeden Fall aber unter 30 Jahre alt waren. Leonardo DiCaprio für arme Student:innen quasi. Sein Ruf war mir egal, ich hatte Blut geleckt und wollte mir selbst etwas beweisen.

Nachdem wir das erste Mal öffentlich auf einer Party geschmust hatten, suchte ich direkt das Weite. Nicht, dass ich nicht an Sex mit ihm interessiert gewesen wäre, sondern ich musste fliehen, da sich meine inneren Alarmglocken meldeten. Ich war überfordert und versuchte mich künstlich rarzumachen. Wollte ich wirklich eine erotische Verbindung mit einem Mann eingehen, der weder meine Lebensumstände noch Generation teilte?

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Als ich geboren wurde, hatte er wahrscheinlich gerade seine schriftliche Matura abgelegt und bereitete sich auf die mündliche Reifeprüfung vor. Ein irritierender Gedanke, da mein eigener Schulabschluss zu diesem Zeitpunkt noch nicht lange zurücklag. Auf Anraten meiner Freund:innen versuchte ich es aber trotzdem mit ihm und antwortete auf seine Nachrichten, die standardmäßig über Facebook kamen.

"Und, du bist wie alt?"

Was mit einem Kuss begann, entwickelte sich über mehrere Wochen und Monate hinweg zu einem längeren Gspusi. Wir traten auf Partys gemeinsam auf, fuhren immer gemeinsam nach Hause – niemals in meine Student:innen-WG, immer in seine Eigentumswohnung im Dachgeschoss. Wenn seine Ende 30- Anfang 40-jährigen Freund:innen mich nach meinem Alter fragten, dann wurde das meistens so formuliert: "Und, du bist wie alt?" Wenn ich dann die Zahl Anfang 20 nannte, wusste ich bereits, dass gleich nur verhaltenes Gelächter aber kein Erstaunen folgen wird. Er nannte mich "Kinderl", ich nannte ihn "Bärli".

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"Freud lässt grüßen"

Wir sahen immer die gleiche Art von Film aus der Reihe Terence Hill und Bud Spencer, die auch meinem Vater sehr gut gefiel. Was ich als Kind mit meinem Daddy geschaut hatte, tat ich jetzt eben mit meinem Lover. Ich lag auf seinem Sofa und dachte mir: "Freud lässt grüßen". Wir hatten wenige ausgewählte Themengebiete, über die wir regelmäßig sprachen – tendenziell Dinge, die ich auch mit meinem Vater besprach. Also, wenn wir denn redeten. Meistens kochte er, ich trank seinen teuren Wein und wo es endete, könnt ihr euch bestimmt vorstellen.

Dass die Dynamik irgendwie komisch und "off" war, kam mir erst durch ein einschneidendes Erlebnis in den Sinn. Davor war ich so geblendet von dem potenziellen Erfolg, eine viel ältere Person "aufgerissen" zu haben, dass ich meine Emotionen nicht wirklich spürte. Der Stolz und der Ego-Push, die damit einhergingen, überdeckten vieles.

Machtdynamik und Kontrolle

Während wir wieder einmal besoffen vom Club nach Hause kamen, versuchten wir uns in einem weiteren Aspekt der Machtdynamik, nämlich etwas härterem Sex. Dabei wollte ich, durch meine Unsicherheit getrieben, die Furchtlose markieren und meinte, dass er mir doch ins Gesicht schlagen solle.

Widerwillig gab er mir eine leichte Watschn und wartete meine Reaktion ab. Ich, vom guten Wein getrieben, sagte eiskalt: "härter". Was er dann auch befolgte. Als die Schelte noch immer nicht wirklich ernst gemeint war, wiederholte ich meine Aufforderung und schlussendlich saß der Schlag. Was im Moment erregend und wie eine gute, überbordende Erfahrung gewirkt hatte, fühlte sich am nächsten Tag an wie ein Ausrutscher. Etwas war außer Kontrolle geraten – wir beiden fühlten es.

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Nachdem ich mit einem unguten Gefühl neben ihm aufgewacht war, mieden wir beide den Kontakt tagelang. Mich nahm diese Erfahrung auch psychisch mit – ich litt tagelang unter Albträumen und Angstzuständen – kurz: ich hatte mich vor mir selbst erschreckt. Mir war klar, wäre der Altersunterschied nicht so extrem groß gewesen, hätte ich dieses Ereignis weggelacht und gefeiert. Als er mir Tage später schrieb, dass wir diese Art von Praktik wohl eher lassen sollten, war ich froh.

Und genau das war es, was sich an uns so falsch anfühlte. Wenn ich bei ihm war, war ich nicht ich selbst, sondern war nervös und unentspannt. Ich fuhr in seine Eigentumswohnung, nicht etwa, weil ich seine Anwesenheit so genoss, sondern einfach, wegen dem, was er als Person darstellte – und aufgrund des Kribbelns, das es erzeugte, weil wir wussten, dass wir gerade etwas außerhalb der "Norm" taten.

Ich und der Daddy, wir hatten nichts gemeinsam, in keinem Parallel-Universum hätten wir zusammen sein sollen. Ich wollte mir wahrscheinlich genau das gleiche beweisen, wie er sich: Ich bin begehrenswert und habe einen hohen Marktwert.

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Ich wurde gegen eine Gleichaltrige ausgetauscht

Und so nahm die Geschichte auch ihren Lauf, wir entfernten uns voneinander und schon bald sah ich ihn mit einer anderen, ähnlich jungen Person wie mir bei Partys. Ich war nicht böse darüber, dass er mich ausgetauscht hatte. Ich hatte meine Lektion gelernt: Nämlich meine Intuition nicht zu ignorieren, wenn diese laut schreit: "Run, don’t walk." Seitdem habe ich nie wieder Personen mit so großem Altersunterschied gedatet. Für manche Menschen funktioniert dies super, mein "Bier" ist es leider nicht.

Ich mag den "Daddy" noch immer gerne. Auch viele Jahre danach nennen wir uns noch "Bärli" und "Kinderl", wenn wir uns sehen. Dann trinken wir gemeinsam Spritzer, eben wie alte Freund:innen das tun, die so manches miteinander erlebt haben.

Wichtig: Wie bei allen sexuellen Handlungen ist vor allem Konsens wichtig! Nur mit Einverständnis aller Partner:innen kann der Geschlechtsverkehr auch wirklich Spaß machen!