Muhammed Erbay

Design-Shops im 7. Bezirk: Mit lokaler Mode gegen Massenkonsum

Der siebte Wiener Gemeindebezirk ist mitunter durch die Vielfalt an Design-Shops bekannt. Wir haben uns bei Designschaffenden umgehört, worauf sie Wert legen und wie sie mit der Corona-Krise umgehen.
Adisa Beganovic Adisa Beganovic

"Ich verkaufe ausschließlich meine Produkte, die ich alle selbst in der an mein Geschäft angeschlossenen Werkstatt nähe. Jedes Produkt ist somit ein handgefertigtes Einzelstück", erzählt Michèle Mahal gegenüber k.at. Sie betreibt ihren Laden violettsays seit 2007, wo sie unter anderem Taschen, Röcke und Schmuck verkauft.

Jedes ihrer Kleidungsstücke trägt einen Spruch, der entweder von der Designerin selbst oder von jemandem aus ihrem Freundeskreis stammt. Es sind genau diese Details, die die Shops im siebten Bezirk von Läden auf der Kärntner Straße oder der Mariahilfer Straße unterscheiden. Hier wird auf individuelles Design, persönliche Beratung, Nachhaltigkeit und Lokalität geachtet.

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Michèle Mahal

Nachhaltigkeit statt Ikea

Auch im Concept Store Die Sellerie in der Burggasse, wo ausgewählte Wohnaccessoires, Papierwaren, Keramik und Fine Art Prints verkauft werden, haben die ausgestellten Waren einen besonderen Stellenwert. "Bei der Auswahl für unser Sortiment achten wir auf zeitlose Optik, überzeugende Haptik, eine nachhaltige Produktionsweise und soziale Verantwortung", sagt Georg Leditzky, der sich den Besitz des Shops gemeinsam mit Patrick Bauer teilt.

Der Shop und der Showroom sind seit zehn Jahren in Neubau angesiedelt. "Wir schätzen die Vielfalt an Design-Shops im siebten Bezirk sehr. Gerade bei InhaberInnen-geführten Shops zeichnet sich jede einzelne Handschrift für ein ganz spezielles Einkaufserlebnis verantwortlich – und diese Vielfalt und Unterschiede sind gut so", sagt Georg Leditzky.

Ihre Waren prüfen die Besitzer selbst, manchmal übernehmen sie auch Design und Produktion. "Das Sortiment stellt sich aus Produkten verschiedener europäischer Manufakturen und DesignerInnen zusammen – ein besonderes Augenmerk wird auf österreichisches Design und unsere Eigenkollektion gelegt", so Leditzky.

Die aufwendige Herstellung schlägt sich allerdings in den Kosten nieder. Während man bei Ikea eine Vase aus Glas um drei Euro ergattern kann, liegt der Preis einer Designvase schon mal im dreistelligen Bereich.

Einen Weg für kleinere Läden, um dem Massenkonsum entgegen zu wirken, sieht Georg Leditzky in der Transparenz der Produkte. Ihr Anliegen sei es, KundInnen möglichst genau über die Herstellung und Herkunft ihrer Waren zu informieren, um die Verfügbarkeit oder die Preisgestaltung nachvollziehbar zu machen. "Wir sind davon überzeugt, dass so, zumindest im kleinen Rahmen, langfristig Nachhaltigkeit, ökosoziale Verantwortung und lokale Wertschöpfung als immer wichtiger angesehen werden", erklärt Leditzky.

Corona und die Folgen

Kleinere Geschäfte haben allerdings nicht nur mit der Konkurrenz der großen Ketten zu kämpfen – die nun seit Monaten anhaltende Corona-Pandemie traf einige Design-Shops wirtschaftlich besonders hart. Anfang August befragte die Designorganisation "designaustria" heimische Designschaffende zu den Auswirkungen der Pandemie auf ihre Arbeitssituation. 78 Prozent der Befragten meldeten eine Verschiebung sowie 58 Prozent Absagen von Aufträgen, 37 Prozent rechneten mit finanziellen Einbußen.

Auch Muhammed Erbay, Besitzer des Labels Shanta, das 2015 gegründet und durch seine handgefertigten Gymbags bekannt wurde, war unmittelbar von den Folgen des Lockdowns im März betroffen. "Im Februar habe ich im Siebten meinen Laden eröffnet. Die Aufregung war allerdings von kurzer Dauer, weil ich nach mühsamer Vorbereitung zwei Wochen nach dem Opening zusperren musste", erzählt Erbay.

In seinem Geschäft, wo unter anderem Rücksäcke, T-Shirts, Schmuck und Notizbücher verkauft werden, sind primär heimische DesignerInnen vertreten.  "Wir arbeiten auch mit regionalen Firmen zusammen, die ich über die Jahre auf diversen Designmärkten kennengelernt habe", sagt Erbay. Ob sich die Pandemie langfristig auf sein Geschäft ausgewirkt hat, könne der Ladenbesitzer noch nicht sagen. "Ich bin mit den Zahlen soweit zufrieden. Den schwachen Tourismus spüre ich aber schon", so Erbay. Es gebe aber auch positive Erlebnisse. Während des Lockdowns kam ihm der Geschäftseigentümer entgegen – Erbay musste während dieser schwierigen Zeit keine Miete zahlen.

Auch Michèle Mahal erinnert sich an die Solidarität, die sie im Zuge der Pandemie erfahren habe. "Engagierte Menschen haben Plattformen aus dem Boden gestampft, um zu helfen und auf Regionalität aufmerksam zu machen. Ich habe Gutscheine verkauft und auch über meinen Online-Shop einiges verkaufen können", so Mahal. Da sie ein Stofflager und eine Nähmaschine besitze, sei sie auch in die Maskenproduktion eingestiegen. "Ich habe das Gefühl, dass durch Corona mehr Leute darauf achten, was und wo sie kaufen", sagt Mahal.

Mehr Bewusstsein

Dass sich die Corona-Pandemie auf unser Konsumverhalten ausgewirkt hat, lässt sich nicht abstreiten. Sie führte uns vor Augen, wie wichtig Regionalität beim Einkaufen ist und welche weitreichenden Folgen lokale Shops beziehungsweise DesignerInnen in schwierigen Zeiten erleiden können. Das Bewusstsein der KonsumentInnen hat sich verändert, immer mehr Menschen wollen wissen, woher ihr Essen oder ihre Kleidung stammen.

"Durch Einkäufe und Weiterempfehlung kann gewährleistet werden, dass die vielen kleinen, netten Shops bestehen bleiben und ein (wenn auch kleines) Gegengewicht zu den großen Ketten bilden – mit Charme, Charakter und Lokalkolorit. Sonst sehen die Einkaufsstraßen und City-Zentren der Zukunft auf der ganzen Welt bald identisch aus“, erklärt Georg Leditzky.