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Schwimmen gegen Diskriminierung: "Wir schwimmen, wie wir wollen"

Ein Wiener Schwimmbad setzt mit der Initiative "Wir schwimmen solidarisch" ein Zeichen gegen Diskriminierung.
Adisa Beganovic Adisa Beganovic

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Zu den ersten Bildern, die einem durch den Kopf schießen, wenn man an den Sommer denkt, gehören (neben saftigen Wassermelonen und Eiscreme) unweigerlich auch jene, auf denen man im Wasser planscht. Man erinnert sich an die bitter benötigte Abkühlung und die gefühlte Schwerelosigkeit im Wasser. Herrlich! Was aber, wenn solch eine sorgenfreie Erfahrung Luxus ist? Und das nicht aufgrund von vergiftetem Wasser, sondern aufgrund einer vergifteten Gesellschaft? Unlängst kam es im Krapfenwaldlbad im 19. Wiener Gemeindebezirk zu einem rassistischen Übergriff auf eine Frau, die beim Schwimmen einen Burkini getragen hat.

Die besagte Frau wurde wegen ihrer Badekleidung von Männern beschimpft. Es handelt sich dabei nicht um einen Einzelfall. "Es passiert öfter in Schwimmbädern, dass sich Frauen im Burkini unangenehme Kommentare anhören müssen oder ausgelacht werden. Ich dachte mir, wieso kann man nicht einfach friedlich gemeinsam schwimmen gehen?", erklärt Juliana Kinnl, die Bademeisterin des Krapfenwaldbades, gegenüber k.at. Auch die Aktivistin Amani Abuzahra erzählt von rassistischen Übergriffen auf Frauen, die wegen ihres Burkins aus den Schwimmbädern verwiesen wurden. "Aber auch Frauen im Bikini oder Frauen, die nicht gängigen Schönheitsidealen entsprechen, bleiben nicht unverschont", sagt Abuzahra. Als Gegengift zu dem aktuellsten Vorfall haben Amani AbuzahraJuliana Kinnl und die Aktivistin und Bloggerin Madeleine Alizadeh die Initiative "Wir schwimmen solidarisch" gestartet. Am Samstag treffen sich Frauen und Männer, die in Badehosen, Bikinis, Burkinis oder oben ohne, um 15 Uhr im Krapfenwaldlbad, um ein Zeichen für Solidarität und Selbstbestimmung zu setzen.

Die von einer Libanesin in Australien kreierten Burkinis sorgen immer wieder für hitzige Diskussionen und werden oft zu einem Politikum, beispielsweise in Frankreich. 2016 hatten mehrere Gemeinden Südfrankreichs an ihren Stränden diese Art von Badekleidung untersagt. Das Oberste Verwaltungsgericht kippte dieses Verbot, da es sich um eine Einschränkung der persönlichen Freiheit handle. In den öffentlichen Schwimmbädern in Frankreich gelten jedoch spezifische Regeln. Nur hautanliegende Badeslips, Bikinis und Einteiler sind in den Bädern aus hygienischen Gründen gestattet. Ende Juni 2019 protestierten in der französischen Stadt Grenoble Musliminnen und nicht muslimische Frauen gegen diese Regeln. Im Zuge der "Operation Burkini" badeten sie im Burkini im Jean-Bron-Schwimmbad.

Das Tragen des Burkinis wird in der Debatte im Zusammenhang mit Hygiene oft kritisiert. "Hygienisch gesehen ist es auch schlecht für den Körper eine nasse Badehose oder einen nassen Bikini anzulassen. Dass das Tragen eines Burkinis für das Becken unhygienischer ist oder mehr Schmutz hinein bringt, ist mir nicht bekannt. Außerdem wird das Wasser konstant gefiltert und mehrmals am Tag auf Schmutz und Chlorgehalt kontrolliert", erklärt Juliana Kinnl.

Die in Wien angesetzte solidarische Aktion ist somit eine Art Schwester-Veranstaltung. "Wir haben alle das Recht auf das Schwimmbad. Es ist doch völlig irrelevant, was jemand trägt, wenn sie schwimmen geht. Feminismus bedeutet für mich Solidarität mit jenen Frauen, die selbst darüber bestimmen, was sie beim Schwimmen tragen. Ob Burkini oder oben ohne. Toleranz ist das Stichwort", sagt Madeleine Alizadeh. Die Aktivistin trägt selbst keinen Burkini und fühlt sich von anderen nicht gestört, wenn sie diese Art von Badebekleidung vorziehen. "Wir wollen zeigen, dass es völlig in Ordnung ist, wenn im Schwimmbad Diversity herrscht", so Alizadeh.

Amani Abuzahra gehört zu jenen Musliminnen, die einen Burkini beim Schwimmen tragen. "Oftmals ist es für die Menschen störend, mich zu sehen und sie lassen es mich mit ihren Blicken und Aussagen spüren", so Abuzahra. Im Gegensatz zu anderen Badegästen, die ins Schwimmbad kommen, sei sie rassistischen Bemerkungen ausgesetzt.

"Schnell wird dann aus Schwimmen eine interkulturelle Veranstaltung. Manchmal sind es schöne Situationen, wenn Leute offen und interessiert sind. Aber oft sind es energieraubende Begegnungen", sagt Abuzahra. Manche Frauen würden inzwischen Bäder meiden, um erst gar nicht diesen Belästigungen und hetzerischen Übergriffen ausgesetzt zu sein. "Wir sollen Frauen den Mut geben, sich den Raum zu nehmen, der ihnen zusteht.  Daher ist unsere Devise: Wir schwimmen, wie wir wollen, und stehen füreinander ein", sagt Abuzahra. Menschen, die Diskriminierung in öffentlichen Bädern erfahren, empfiehlt Amani Abuzahra, die Vorfälle an ZARA oder die Dokumentationsstelle Islamfeindlichkeit zu melden.