Also... Captain Marvel ist definitiv lesbisch, oder?

Also... Captain Marvel ist definitiv lesbisch, oder?
Das Internet ist sich einig: Brie Larson spielt auch in 'Avengers: Endgame' eine lesbische Superheldin.

Für diejenigen unter euch, die das Finale der Avengers-Reihe noch nicht gesehen haben (kein Spoiler Alert, weil irrelevant für den Inhalt des Films): Captain Marvel hat einen neuen Haarschnitt. Eine waschechte P!nk-Gedächtnisfrisur, um genauer zu sein. Und obwohl man von der Haarlänge einer Frau niemals, wirklich niemals auf ihre Sexualität schließen kann, weisen Fans auf Twitter auf die "gay power" hin, die von der kurzhaarigen Superheldin ausgeht – und füttern damit eine Theorie, die bereits seit dem Kinostart von Captain Marvel ihre Runden macht: Carol Danvers sei insgeheim lesbisch.

Erinnern wir uns an Captain Marvel: In dem Film kehrt die totgeglaubte, an Gedächtnisschwund leidende Kampfpilotin Carol Danvers nach sechs Jahren auf die Erde zurück. Als sie nach und nach mehr über ihr früheres Leben herausfindet, wird dem Publikum jedoch kein Ex-Freund, kein trauernder Witwer oder sonstiges männliches Liebesobjekt vorgesetzt – stattdessen lernen wir Maria kennen, Carols Co-Pilotin und "beste Freundin", mit der sie offenbar unter einem Dach wohnte und deren Tochter die beiden allem Anschein nach gemeinsam erzogen haben, wie beste Freundinnen das nun mal so machen.

Also... Captain Marvel ist definitiv lesbisch, oder?

Maria spricht beim Wiedersehen davon, wie sie um Carol trauern musste und niemandem davon erzählen durfte – als Grund dafür wird zwar die Geheimhaltung um das Projekt genannt, bei dem Carol verschwand, der Subtext spricht jedoch eine ziemlich deutliche, ziemlich lesbische Sprache. Als Carol Marias Tochter Monica fragt, in welchem Verhältnis sie zu ihr stehe, antwortet diese, es habe eine heftige Auseinandersetzung zwischen Carol und ihrem Vater gegeben, Maria und Monica seien danach ihre "chosen family" geworden. Streit mit den Eltern, Zusammenleben mit einer Wahlfamilie – auch da klingeln queere Glocken.

Die YouTuberin Rowan Ellis weist in einer zehminütigen Brandrede, die sie richtigerweise "definitive proof captain marvel is gay" genannt hat, außerdem auf Parallelen hin, die sich beim Vergleich zwischen Carol und Marias Beziehung und der eines Skrull-Formwandlers und seiner Familie auftun. Als letzterer in einer sehr rührenden Szene mit Frau und Kind wiedervereint wird, bedarf es nämlich keiner expliziten Information über zwischenmenschliche Verhältnisse – das Publikum versteht auch ohne Erklärung, dass es sich dabei um seine Familie handelt. Carols Rückkehr zu Maria und Monica, zu ihrer Familie, dürfte – sollte – auch so verstanden werden, dennoch geht man von einer platonischen Beziehung der beiden zueinander aus.

Abgesehen von den inhaltlichen Implikationen sind es Klischees wie Flanellhemden, Lederjacken und Doc Martens, die das Internet zusätzlich im Glauben bestärken, Carol Danvers wäre unmissverständlich und ohne jeden Zweifel lesbisch. Und obwohl Darstellerin Brie Larson in Interviews beständig davon schwärmte, dass Captain Marvel ohne klassische Lovestory auskommt und den zwischenmenschlichen Fokus stattdessen auf eine Freundschaft zwischen zwei Frauen legt: Tweets, die Captain Marvel in romantischer Geste mit der ebenfalls angeblich lesbischen Walküre aus Thor zeigen, werden dann doch von ihr unterstützt:

Tatsächlich ist Avengers: Endgame der erste Marvel-Film, in dem ein offen homosexueller Charakter auftritt. Ohne zu spoilern: Ein Mann erzählt fünf Sekunden lang von einem schlecht gelaufenen Date und verwendet dabei männliche Pronomen. Das war's auch schon wieder – aber man muss halt nehmen, was man kriegen kann. Dass es in 11 Jahren und insgesamt 22 Filmen nicht eine einzige homosexuelle Figur in dieses riesengroße Universum geschafft hat, ist übrigens weniger empörenswert, als dass es ganz einfach unwahrscheinlich ist.

Erst kürzlich antwortete Marvel-Produzentin Victoria Alonso auf die Frage, ob es in Zukunft auch offen homosexuelle SuperheldInnen im MCU geben könnte, mit einem klaren: "Die Welt ist bereit dafür". Heather Hogan, Managing Editor bei Autostraddletwitterte daraufhin: "Ich habe gerade erst einen Superhelden-Film mit homosexueller Lovestory gesehen und er hieß Captain Marvel."

Derzeit sucht Marvel übrigens nach dem ersten offen homosexuellen Superhelden für den 2020 kommenden Film The Eternals. Zur Erinnerung: Von insgesamt 22 (zweiundzwanzig) MCU-Blockbustern gibt es nur zwei, in denen kein Weißer Heteromann die Hauptrolle spielt. Beide Filme sind innerhalb der letzten zwei Jahre erschienen. Von daher lässt sich sagen: Auch wenn Carol Danvers' vermeintliche Homosexualität eine Fan-Fiktion bleibt, in Zukunft werden solche Theorien wohl nicht mehr nötig sein.

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