Beatles-Fan Peter Jackson dreht Doku über die Band
"Man muss wirklich ein Beatles-Fan sein, um diesen Film zu machen. Und ich bin einer." Regisseur und Oscar-Preisträger Peter Jackson ("Der Herr der Ringe") weiß, wovon er spricht. Für die dreiteilige Dokureihe "The Beatles: Get Back" hat sich der Neuseeländer durch mehr als 200 Stunden Audio- und Videomaterial der berühmten Liverpooler Band geackert. Herausgekommen ist ein sehr dichtes Porträt aus einer Zeit, als das Ende bereits absehbar war. Ab Donnerstag bei Disney+.
Es ist quasi der heilige Gral an audiovisuellem Beatles-Material, das Jackson in den vergangenen Monaten gesichtet, bearbeitet und restauriert hat. 60 Stunden auf Film, weitere 150 Stunden Audiomitschnitte, alles von den Sessions, die letztlich das Album "Let It Be" sowie das legendäre Dachkonzert der Band im Jänner 1969 hervorbrachten. "Wir glauben, wir kennen die Beatles. Wir haben ihre Filme gesehen, ihre Auftritte, ihre Pressekonferenzen und all diese Dinge. Aber das sind alles Bühnensituationen", erzählte Jackson bei einem Zoom-Call mit Journalisten. "Das hier ist aber ganz ehrlich. Es ist ein Blick auf die echten Kerle, der sonst nirgends existiert."
Konkret heißt das: Man schaut John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr etwas mehr als zwei Wochen dabei über die Schulter, wie sie an Songs feilen, an ihrem Status zweifeln und auf der Suche nach einem alten Feuer sind. Dabei kommt viel zur Sprache und wird keineswegs nur musiktheoretisch fachgesimpelt. Es sind Superstars, die hier an der Arbeit sind - und das interessanterweise ziemlich ungezwungen und kaum vorbereitet.
"Wenn ich etwas kritisieren müsste, und das liegt nicht in meiner DNA, dann, dass die Beatles sich für diese Sessions kaum organisiert haben", überlegte Jackson. "Sie wollten Songs schreiben und eine TV-Show machen, haben aber lange nicht live gespielt. Das letzte Mal war noch ihr Manager Brian Epstein dabei und hat sich um die Planung gekümmert. Diesmal sind sie an die Sache ohne ihr übliches Supportteam gegangen. Letztlich wirkt dadurch alles ein bisschen unorganisiert."
Man könnte auch sagen: roh. Denn im Endeffekt bekommt man so, nach bereits unzähligen Nummer-1-Hits und ausverkauften Tourneen, eine Band zu Gesicht, wie sie im eigentlichen Sinne funktioniert. Vier Typen sitzen an ihren Instrumenten im Kreis und spielen sich Ideen und kleine Skizzen zu, dazwischen werden Nummern von Kollegen angestimmt, um in den Groove zu kommen. Und darum herum wuselt eine ganze Entourage aus Familie, Freunden und Technikern, die diese Momente begleiten und einfangen sollen.
An Michael Lindsay-Hogg lag es damals, als Regisseur die Sessions zu begleiten und letztlich den Dokumentarfilm "Let It Be" zu zimmern. "Das ist auch eine unserer zentralen Erzählungen: Wie Michael diesen Film gemacht hat. Er wird bei uns zu einem weiteren Charakter", betonte Jackson. "Wir werden Zeugen dieser wunderbaren Auseinandersetzung, wie er versucht, so viel authentisches Material wie möglich zu bekommen und die Band andererseits seine Pläne durchkreuzen möchte." Besonders John und George hätten laut Jackson versucht, durch aufgedrehte Gitarrenverstärker die Tonaufnahmen ihrer privaten Gespräche zu verunmöglichen. "Sie waren sich der Situation sehr bewusst."
Lindsay-Hogg ließ die Kameras und Mikrofone aber einfach weiterlaufen, weshalb letztlich auch so viel Material zusammenkam. So sind nun auch Szenen dabei, die "manchen in Liverpool nervös machen könnten", schmunzelte Jackson. Vorgaben oder Regeln musste der Filmemacher nämlich nicht beachten. "Ich war eingangs nicht sicher, was ich zeigen darf. Die Beatles sind ja sehr streng, was solche Dinge betrifft. Aber ich denke, dass die Geschehnisse von damals mittlerweile Geschichte sind. Sie hatten keine Einsprüche, nicht einen einzigen."
Deshalb sei das Endergebnis auch "sehr roh. Hier wird viel gezeigt", so Jackson. "Es ist keine schmutzige Wäsche, die gewaschen wird. Aber erstmals wird der Vorhang zur Seite gezogen." Ihm sei die "einzigartige Chance" bewusst gewesen, weshalb er so viel einbauen wollte wie möglich. "Deshalb ist diese Dokumentation auch nicht zwei Stunden lang, sondern länger als sieben Stunden geworden", lachte der Regisseur. Ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk für Beatles-Fans, die ihre Lieblinge wenige Monate vor der Bandauflösung 1970 beobachten können.
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