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Chronische Selbstzweifel: Was ist das Impostor-Syndrom?

Du zweifelst all deine Erfolge an und fühlst dich wie ein/e BetrügerIn? Dahinter steckt meist das Impostor-Syndrom.
Selma Tahirovic Selma Tahirovic

Du bist großartig in deinem Job, wirst von deinen KollegInnen regelmäßig gelobt und auch dein Chef hat dir das letzte Mal eine Gehaltserhöhung versprochen? "Es dauert nur noch eine gewisse Zeit, dann merken sie, dass ich für diesen Job gar nicht geeignet bin", denkst du dir?

"Ich habe das nur mit einer Portion Glück geschafft, Talent hat da keine Rolle gespielt", schießt dir durch den Kopf? Du redest schlecht über dich selbst, kannst keine Komplimente annehmen und hast permanente Angst, dass dich jemand als BetrügerIn entlarven könnte?

Du leidest möglicherweise am Impostor-Syndrom, das dich stark an dir zweifeln lässt, auch wenn die Fakten dagegen sprechen.

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Von der Angst, nicht gut genug zu sein

In den späten 1970er-Jahren wurde das Phänomen von zwei ForscherInnen der Georgia State University in einer Studie untersucht. Das Impostor-Syndrom betrifft vor allem Frauen, die sich trotz ihrer hohen akademischen Ausbildung oder ihren Job-Qualifikationen als "Fake" fühlen. Diese "chronische Unsicherheit" kann dir Steine in deine akademische oder berufliche Laufbahn legen.

2012 untersuchte Mirijam Zanchetta, Universitätsassistentin an der Abteilung für Wirtschafts- und Organisationspsychologie der Universität Salzburg, das Impostor-Syndrom erstmals im wirtschaftlichen Bereich. "Sie befinden sich in einem Teufelskreis aus Selbstzweifel, Angst, Stress und übermäßigem Arbeitseinsatz", erklärte die Forscherin.

Zusammen mit der Psychologieprofessorin Eva Traut-Mattausch führte sie mehrere Studien durch, die die Folgen des Phänomens untersuchten. Dabei wurde ein besonderes Augenmerk auf die Karriereentwicklung gelegt. 

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"Das Hochstaplerphänomen ist ein klassischer Fall von Selbstsabotage", erklärten die Forscherinnen in einer Universitätsmeldung. StudienprobandInnen wurden gefragt, ob sie höhere Positionen annehmen würden, wenn sie ein Angebot bekommen würden.

Die Ergebnisse zeigten: Je höher die Impostor-Werte bei den TeilnehmerInnen waren, desto geringer war die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Position annehmen. "Wenn Menschen mit Hochstapler-Phänomen tolle Stellen angeboten bekommen, lehnen sie sie meist ab, aus der Angst heraus, als inkompetent entlarvt zu werden“, erklärte Zanchetta. 

Das sind typische Anzeichen für das Impostor-Syndrom

  • Man hat Angst davor, etwas Falsches zu sagen: Menschen, die unter dem Impostor-Phänomen leiden, sprechen in Gruppen nicht viel oder stellen im Unterricht selten Fragen. Sie haben permanent die Befürchtung, dass sie etwas Falsches sagen könnten und sich mit ihrem Unwissen blamieren. 
  • Man geht schwer mit Misserfolgen um: Wer mit Selbstzweifeln kämpft, ist oft sehr streng mit seinen eigenen Leistungen. Die Erwartungen werden sehr hochgelegt, um jeden Tag 100 Prozent zu geben. Unsichere Menschen, die dieses Ziel nicht erreichen oder auch nur einen kleinen Fehler machen, werfen sich diese "Misserfolge" sehr lange vor. 
  • Hilfe anzunehmen, wird als Schwäche gesehen: Menschen, die das Hochstapler-Syndrom haben, möchten allein und unabhängig arbeiten. Sie lehnen es ab, Hilfe anzunehmen, weil sie ihren KollegInnen, Vorgesetzten usw. beweisen möchten, dass sie es allein schaffen können. 

Die österreichische YouTube-Ikone Michael Buchinger hat das Impostor-Syndrom in einem Video erklärt:

Das kannst du gegen deine Selbstzweifel tun

Falls du dich ständig fragst, wieso du deinen tollen Job bekommen hast, weshalb dich dein/e PartnerIn liebt oder wieso du die gute Note auf dein Projekt bekommen hast, dann merk dir eins: Du bist qualifiziert, du bist es wert, geliebt zu werden und du bist klug und fleißig. 

Jeder von uns wird irgendwann in seinem Leben mit Selbstzweifeln kämpfen. Das ist absolut menschlich und normal. Doch sich permanent wegen Kleinigkeiten den Kopf zu zerbrechen, beeinträchtigt die Lebensqualität. Tausche dich mit deinen KollegInnen, FreundInnen und Familienmitgliedern über deine Sorgen aus – du wirst sehen, dass viele deiner Befürchtungen meist nicht zutreffen. 

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Reflektiere deinen bisherigen Bildungs- und Karriereweg und sieh ein, dass du deinen Erfolg hart erarbeitet hast. Selbstbewusst und erfolgreich zu sein, muss nicht automatisch mit Arroganz verbunden werden. Du hast das Recht darauf, stolz darauf zu sein, was du bisher erreicht hast. 

Falls sich deine Sorgen zu Angststörungen oder Depressionen entwickeln oder sich dein psychischer Zustand verschlechtert, dann solltest du dich an vertraute Menschen in deinem Umfeld wenden. Wer für weitere Hilfsangebote offen ist, kann sich rund um die Uhr kostenlos unter der Rufnummer 142 an die Telefonseelsorge wenden. Sie bietet schnelle erste Hilfe an und vermittelt ÄrztInnen, Beratungsstellen oder Kliniken.