Ein Sachbuch erklärt Songs, die für Skandale sorgten

Auch Falcos "Jeanny" und die Kunstfigur Conchita Wurst provozierten
Body Count, Bushido, Lady Gaga, Bob Dylan und Heino haben etwas gemeinsam: kontroverse Songs in ihrem Repertoire.

Michael Behrendt hat sich 70 umstrittene Hits der vergangenen 100 Jahre näher angesehen und mit seinem nun erschienen Buch "Provokation! Songs, die für Zündstoff sorg(t)en" quasi eine Geschichte des Liederskandals verfasst. Seine Einleitung beginnt der Autor mit einem Rückblick auf den "Echo-Skandal", die polarisierende Auszeichnung für Kollegah und Farid Bang, die im Song "0815" die Zeile "Mein Körper definiert sich von Auschwitzinsassen" rappen.

"Musik ist Teil und Spiegel der Gesellschaft, mit all ihren Facetten, den aufregenden wie den finsteren", schreibt Behrendt. Heute sorgen ins erster Linie homophobe, gewaltverherrlichende und rassistische Texte für Aufregung, in der Mitte der 50er-Jahre reichte bereits eine ganz zarte harmlose Anspielung wie in "Rock Around The Clock" für einen Skandal.

Mit Fachwissen und einem Schuss persönlicher Note nimmt sich Behrendt die 70 von ihm ausgewählten umstrittenen Hits vor. Dem Rummel um Falcos "Jeanny" wird ebenso auf den Grund gegangen wie der polarisierenden Kunstfigur Conchita Wurst (anhand von "Rise Like A Phoenix"). Vergessene Skandale (etwa "I Wanna Make Love To Steffi Graf" von den Angefahrenen Schulkindern) reihen sich an aktuelle Aufreger von Kanye West und Co. Man trifft Urväter der Provokation (Alice Cooper) und deren Nachfolger (Marilyn Manson).

Behrendt zeigt, ausgehend vom 1914 geschriebenen und während des Naziregimes zum Spottlied auf Hermann Göring mutierten "Hermann heeßt er", wie unterschiedlich die Gründe für einen Pop-Skandal sein können. Die Beatles erregten mit einem banalen Lied wie "Love Me Do", weil die Präsentation – Pilzköpfe! E-Gitarren! – die konservative Gesellschaft erschütterte. "Girl You Know It's True" von Milli Vanilli wäre vielleicht längst vergessen, wenn das vortragende Duo nicht die Lippen zu Stimmen bewegte, die gar nicht von ihm stammten. Und dann gibt es Bands, deren volkstümelndes Gedankengut angeblich falsch verstanden wird.

Zum Abschluss beschäftigt sich der Autor mit Fragen wie "Was macht die Bundesprüfstelle?", "Was ist eigentlich Porno-Rap?" und "Wie kommt es, dass kontroverse Songs kaum im Radio gespielt werden, aber in den Verkaufscharts ganz oben stehen?". "Je turbulenter die Zeiten sind, desto mehr Aufregerpotenzial entwickeln die Songs", bilanziert Behrendt in einem vom Verlag verbreiteten Interview.

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